Mahlzeit
Nachbildung und Inszenierung von "Lebensmitteln"
ein Projekt für die 8. Jgst. 

2005 von Barbara Lüdtke 
 
 

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Wer eine Anknüpfung an die Bildende Kunst sucht, der kann diese unter verschiedenen Gesichtspunkten finden:
  • Das Material verweist auf Deko-Atrappen wie man sie in Schaufenstern und Auslagen finden kann. Lebensmittel, insbesondere leicht verderbliche Sorten, sind in aufwändigen Dekorationen von Delikatessgeschäften häufig durch täuschend echte Nachbildungen ersetzt.
  • Das Arrangement verweist auf die Gattung Stilleben.
  • Im Bereich Plastik ist z.B. der Pop Künstler Claes Oldenburg (The Store 1961) hervorgetreten durch Nachbildungen von Torten und Häppchen.

Kurzbeschreibung des Projektes
Das Projekt gliedert sich auf in folgende Phasen: 
  • Herstellung der "Lebensmittel" aus Ton 
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  • Bemalen der "Lebensmittel" mit Acrylfarbe und Lack
  • Fotografische Inszenierung der "Lebensmittel" 

Aufgabe in drei Teilen
Die Schüler sollen täuschend echte Lebensmittel aus Ton formen, sie entsprechend bemalen bzw. lackieren und auf passendem Gedeck zu einer leckeren Brotzeit arrangieren, sowie in einem zweiten Schritt  ihre Brotzeit fotografisch inszenieren.

Zum Umgang mit Ton
Der Ton muß für diese Arbeit nicht gebrannt werden. Damit man ihn vor dem Bemalen nicht grundieren mus nimmt man gleich einen weißen Ton. 
Das Modellieren der Lebensmittel ist technisch weitgehend unkompliziert. Die meisten Einzelstücke können massiv gearbeitet werden, nur wenige größere Objekte müssen - von der Unterseite her- ausgehöhlt werden. (Wandstärke sollte 3cm nicht überschreiten.)
Neben der typischen Form der Lebensmittel gilt die Hauptaufmerksamkeit vor allem der Beschaffenheit der Oberflächen des gewünschten Lebensmittels.
Die Einzelteile lassen sich gut im 1-stündigen Unterricht fertigstellen. Das luftdichte Verpacken der Tonarbeit kann so entfallen.

Arrangieren
Die Schüler sollen ihre Teller eigenverantwortlich bestücken und selber erkennen, ob im Sinne der Zielsetzung die Zusammenlegung  mit den Arbeiten anderer dabei von Nöten ist oder nicht. Über das selbständige experimentelle Fotografieren soll die Wahrnehmung geschärft werden und – gerade auch im Vergleich der einzelnen Fotos – ein Bewusstsein dafür angebahnt werden, wie leicht sich die Bildwirkung verändern und letztendlich auch bewusst beeinflussen lässt.
Im Lehrer-Schüler-Gespräch werden anhand von Bildbeispielen verschiedene Möglichkeiten der Inszenierung von Speisen untersucht. 
Kernfragen waren unter anderem:
Welche Rolle spielen der Blickwinkel, der Bildausschnitt und Perspektive, die Anzahl, Art, Form und Farbe sowie Anordnung der präsentierten Lebensmittel und Beiwerk für die Bildwirkung? 
Wann macht die Inszenierung Appetit, wann stößt sie den Betrachter eher ab?
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1. Jan Davidsz de Heem: "Stillleben mit Nautiluspokal und Hummer"
2. Georg Flegel: "Stillleben mit Kirschen"
3. Mc Donald Werbeplakat
4. und 5. Abbildungen aus Kochbüchern

Zum Einsatz der Digitalkamera
Die Schüler bekommen eine Einweisung in die Funktionsweise der Kamera und dürfen selbständig mit dem Fotografieren beginnen, sobald die Mahlzeiten arrangiert worden sind. Unterschiedliche Arbeitstempi sind bei diesem Projekt von Vorteil. Langsamere Schüler malen noch, während Schnellere bei den Aufnahmen ihrer Mitschüler als technische Ratgeber fungieren können.

Vorteile der digitalen Kamera: 
Das schnelle Dokumentationspotential des Fotos erlaubt eine lockere flexible Auseinandersetzung mit verschiedenen Bildkompositionen. 
Der Bildausschnitt des Displays kann dabei wie ein Bilderrahmen als Formatbegrenzung des zu bespielenden Raumes fungieren.
Der gemeinsame Blick auf das Display liefert zugleich willkommenen Gesprächsanlass zum Thema.
Das Verbalisieren bestimmter Probleme gibt oft den Anstoß zu intensiverer Auseinandersetzung mit der Aufgabe.

Erfahrungen:
Die Schüler erkennen diese Vorzüge nicht gleich. Ich musste immer wieder darauf drängen die große Bandbreite der Möglichkeiten doch auch zu nutzen und sich nicht nach dem ersten besten Ergebnis zufrieden zu geben. In Fotografien mehr einzufangen als nur das vollständig fest gehaltene Motiv, ist ein neues und ungewohntes Anliegen. Hinzusehen, sich auf die Aufgabe voll einzulassen und dann über das experimentelle Knipsen zu gezielten Verbesserungen in der Bildwirkung  zu kommen, ist ein anspruchsvolles Unterfangen. Wer es schafft, eigene Bildmanipulationen in Szene setzen zu können, erkennt später aber auch leichter die Manipulation in fremden Bildern. 
Fehlt einem Schüler die Bereitschaft und Sensibilität hinzuschauen, wirklich intensiv wahrzunehmen, so wird ihm auch der Erfolg und Lerneffekt verwehrt bleiben. Wirklich gute Ergebnisse verlangen eine intensive Auseinandersetzung, wie es auch bei jeder „herkömmlichen Gestaltung“ der Fall ist.
Die Möglichkeit, Schwächen der Tonarbeit in der Inszenierung geschickt überspielen zu können, sollte vor allem diesen schwächeren Schülern zu Gute kommen. Tatsächlich verstanden es aber auch hier primär die gewohnt besseren Schüler, diese Tricks zu nutzen. 

Schlussbemerkung
Bei der abschließenden Präsentation der Fotos vor der Klasse sollten die Schüler selber das jeweils gelungenste Foto im Sinne der Aufgabenstellung heraussuchen. Wenn auch nicht alle Fotografien als gelungen gelten können, so trafen die Schüler hierbei eine erfreulich gute Auswahl.

Um zu verhindern, dass zu viele Schwierigkeiten zeitgleich auf die Schüler hereinbrechen, ließe sich die Aufgabe um Teilinhalte wie z.B.: die Kompositionsfindung reduzieren: an einheitlich aufgebauter Situation kann der fotografische Blick -von Motivfragen unbelästigt - geschult werden.

Die Aufgabe öffnet ein weites Themenfeld und lässt sich z.B.: ausweiten auf das Feld digitaler Nachbearbeitung. Im Sinne der bestehenden Aufgabenstellung ließen sich so Farben intensivieren, Lebensmittel vervielfachen, Glanzreflexe setzen etc. Reizvoll erscheint mir auch das Potential, die Inszenierung nun unappetitlich und abstoßend wirken zu lassen (über Farbmanipulation oder hinzufügen krabbelnden Ungeziefers und Schimmelflecken…)
Auch die Möglichkeiten bestimmter Beleuchtungseffekte ließen sich thematisieren, zumal einige Schüler brennende Kerzen in ihre Inszenierung einbauten, die nur bei passenden  Lichtverhältnissen ihre volle Wirkung erlangen können. 

Quellen im Netz
Food, Art and the Media

www.moma.org/.../sections/ eight/oldenburg.html