Die Klammer
Zwei, drei Dinge, die mir zu einer Klammer einfallen - Ideensammlung für die Mittelstufe

von Uli Schuster

Unter den Dingen des alltäglichen Gebrauchs gibt es auch solche, die für den Kunstunterricht immer wieder in Dienst genommen werden z. B. Schuhe, Werkzeuge, Papierknüller und: Wäscheklammern. Die Wäscheklammer ist einerseits ein Objekt, das für eine Textur-Studie in Bezug auf ihre Materialien Holz und Metall oder auch Plastik und Metall ergiebig ist. Als hinreichend kantiges und komplexes plastisches Gebilde liefert sie auch hinreichend Schwierigkeiten in Bezug auf eine Studie zur Perspektive. Und schließlich stecken in ihrer Funktionalität eine ganze Reihe von Momenten, die sie geeignet erscheinen lassen für eine "erklärende Zeichnung". Schließlich liegt ihrer Funktion ein hinreichend elementarer Zweck zugrunde, der sich symbolisch auf viele menschlichen, gesellschaftlichen, psychischen Zustände, 'Zwänge' übertragen läßt. Das macht die Klammer zum geeigneten Instrument für die bildhafte Symbolisierung traumatischer Vorstellungen oder surrealer Verfremdungen. Niemand soll das hier Gezeigte nachmachen, aber wem nichts Besseres einfällt, der darf es als Vorlage verwenden. Am besten, man nimmt es als Anregung und erfindet seine eigenen Klammern.
Einige der hier gezeigten Bilder sind mit Rollover in zwei Phasen animiert.
Eine Zeichenaufgabe
Wäscheklammern kann man in unterschiedlichen Größen bekommen. Die schönsten bekommt man in Italien, wo sie bis zu eine Länge von 10 cm im Haushaltsgeschäft oder Supermarkt erhältlich sind. Je größer, desto besser zum Abzeichnen oder für Schnitzereien.
Was noch
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Applikation
Der Klammer das hinzufügen, was scheinbar ihre Funktion verhindern könnte, muß ihr nicht notwendigerweise ihr Geheimnis rauben. So wäre es denkbar, daß die Schrauben wirklich ihr Klammerdasein zunichte machen, es ist aber auch denkbar, daß das nur so aussieht als ob. Für den 'schlauen' Betrachter, der das Geheimnis wittert, lassen sich zwei identisch aussehende aber verschieden wirksame Versionen anfertigen.
Greifer
Die Wäscheklammer besitzt zwei 'Greifarme' , deren Form sich verdeutlichen läßt indem man etwas von dem vorhandenen Material entfernt. Mit einer Laubsäge arbeitet man Hände und Finger heraus. Allein der Daumen muß hinzugefügt werden. Ein Loch von 3 mm Durchmesser schafft Platz zum Einstecken eines Rundstabs (Schaschlikspieß). Mit einem feinen Schleifpapier lassen sich die Kanten runden.
Hampelengel
Auch himmlische Wesen reagieren manchmal nur auf Druck und Zug, vielleicht deshalb, weil sie in ihrem früheren, irdischen Leben ein Hampelmann waren. Die Flügel des Engels sind über eine Achse drehbar gelagert und über einem Nylonfaden mit der Wäscheklammer verbunden. In die Wäscheklammer werden zwei Löcher (3mm) gebohrt. Das vordere Loch durchdringt beide Arme der Klammer, das hintere nur den oberen Arm. Das hintere Loch nimmt den Rundstab auf, an dem die Figur aufgehängt ist, das vordere Loch läßt oben den Zugfaden durch, der dann unten mit einem kurzen Dübel (Abschnitt vom Rundstab) eingekeilt wird. So läßt sich die richtige Spannung für den Faden leicht justieren. Die Figur ist an ihrer Rückseite mit zwei Papierlaschen an den Rundstab geklebt. In die obere Lasche wurden vor dem Ankleben zwei Heftklammern gedrückt, deren aufgebogenes eines Ende jeweils die Achse für einen Flügel bereitstellt. Der Zugfaden muß nicht verknotet werden, sondern kann in einer Schlaufe durch beide Flügel gezogen und nach unten geleitet werden. Physikalisch gesehen wirkt hier das Hebelgesetz, das anscheinend auch im Überirdischen noch Geltung besitzt.
Dübellöcher kann man nicht mit der Hand bohren. Ohne Bohrmaschine ist selbst so eine kleine Bastelei nicht sinnvoll zu machen. Die Maschine gehört natürlich eingespannt in einen Bohrständer. Als Bohreinsätze für Holz sind insbesondere solche geeignet, die im Zentrum eine Spitze besitzen und damit dem Bohrer eine Führung durch die Maserung des Holzes geben. 
Beugung
Dieser Bückling ist aus Sperrholz gesägt. Darüber hinaus besitzt er Holzperlen als Hände und als Kopf. Als Achsen für die Bewegung der Arme, als Hals, als Nase und für alle Steckverbindungen wurden aus Rundstäben (Zahnstocher, Schaschlikspieße, 5mm Buchenrundstab) die Dübel selbst geschnitten. In Bohrlöchern von 2,3,5 mm Durchmesser stecken solche Dübel fest und müssen nur bei Bedarf mit etwas Holzleim fixiert werden. Soll sich eine Achse in einem Bohrloch drehen, dann reicht es, wenn das Bohrloch 1 mm größer ist als der Rundstab. Das Problem an dieser Figur ist die logische Forderung, daß sie sich auf Druck beugen soll.
"So manche höchst servile Beugung
basiert auf simpler Druckerzeugung."
Um das zu erreichen muß der Zugfaden, der am Hals angreift, an den Versen der Figur nach hinten umgelenkt werden. So steht die Figur unter Zug, wenn die Klammer entspannt ist. Wird die Klammer unter Druck gespannt, dann verlängert sich der Faden und die Figur erschlafft, kippt in die Beugung. Das Gewicht der Arme mit der Blume ist hierfür ausschlaggebend.
Die roten Punkte markieren die Achsen in der Schulter, in der Hüfte und die Umlenkung für den Zugfaden am Fuß. Kopf und Hals bilden mit den Armen einen rechten Winkel. Sie bewegen sich nur miteinander, nicht gegeneinander. Der Angriffspunkt für den Zugfaden muß mit dem Arm einen Hebel bilden, dessen Drehpunkt im Schultergelenk liegt.
Biegung
Auch im Nachbau einer Klammer kann man einen bildhauerischen Reiz erkennen. Insbesondere gilt das dann, wenn das Motiv entweder im Material, im Maßstab oder wie etwa hier in einer Deformation gesucht wird. Das abgebildete Objekt ist der leichteren Bearbeitbarkeit aus Lindenholz gefertigt, ist 14 cm hoch, mit einer Drehung um 900 gewendelt und verdankt sich der Idee nach einer Monumentalplastik von Claes Oldenburg, die in Philadelphia zwischen Hochhäusern steht. Der Koloss dort ist 45 foot hoch, 10 Tonnen schwer aus Stahl und steht vor dem Center Square Building nahe dem Rathaus. Das Bild entnahm ich einer Photogallerie über Philadelphia. (GPTMC Adresse: http://www.gophila.com/photos)
Der Kuss
Wer sich nicht mit mit vorgefertigten Klammern begnügen will, die er durch Hinzufügungen oder durch Schnitzen verändert, der kann aus geeigneten Leisten selbst zwei Klammerteile mit der Laubsäge herrichten und mit dem Schnitzmesser, mit raspeln, Feilen und Schleifpapier in Form bringen. Bei einer Übergröße der Teile (hier 11cm) muß auch die Feder selber gemacht werden, das ist in diesem Fall aus einer Fahrradspeiche geschehen, die über einen dicken Nagel gewickelt wurde. Gute Wäscheklammern sind aus hartem Buchenholz. Wer sich die Sache leichter machen will, der nimmt Lindenholz.