Aliens
Zur Entfaltung einer Aufgabenstellung in der 6. Jahrgangsstufe
Schnittbild - Figur - Textur - Innenleben

von Uli Schuster

Aliens haben in der Kunsterziehung Konjunktur. Ihr Vorteil: Niemand weiß genau, wie man sie sich vorstellen muß. Zwar gibt es Muster, die in den Köpfen der Kinder verankert sind - von Spielbergs "E.T." bis zu den Kugelköpfen von Tim Burtons' "Mars Attacs", aber gerade die Verschiedenheit dieser Vorbilder eröffnet einen Spielraum für eigene Phantasien.
Ein Thema wie "Aliens" muß im Kunstunterricht vom Lehrer nicht gleich zu Beginn der Arbeit in allen Dimensionen vorgestellt werden. Man kann es schrittweise entfalten und dabei auf Ideen oder auch Probleme reagieren, die sich im Verlauf der Arbeit in der Klasse zeigen.
Vorüberlegung: Ein Schnittbild
Da es sich um Lebewesen, nicht um Roboter handeln soll, kreisen die Formvorstellungen um Körper und Körperteile aus dem Tierreich. Kopf. Leib Arme, Beine beschreiben das äußere Bild. Wie aber sieht das außerirdische Wesen innerlich aus, wie funktioniert sein Organismus, sein Hirn, sein Verdauungsapparat? Gesucht wird eine Darstellungsform, die es erlaubt in sachlicher Weise Äußeres wie Inneres der unbekannten Lebensform zu beschreiben. Bei Wilhelm Busch, in biologischen Lehrwerken und Lexikas werden wir fündig und entdecken den Körperschnitt als eine unserem Vorhaben angemessene Darstellungsform. Die Kombination aus Schnitt- und Klappbild eröffnet uns eine dreidimensionale Darstellungsweise, wie sie am Beispiel einer Darstellung aus dem älteren Brockhaus den Schülern vermittelt wird. In mehreren Schichten kann man sich hier von der Außenhaut des Menschen durch die Innenwelt des Körpers hindurchblättern.
erster Schritt: Erfindung eines Körpers
Eine möglichst sachliche, frontale und blattfüllende Zeichnung der unbekannten Lebensform soll den Ausgangspunkt der Arbeit liefern. Ein einleitendes Gespräch lenkt die Vorstellung auf mögliche Kombinationen von menschlicher Figur mit Elementen aus dem Bereich der Tierwelt, etwa der Insekten, Vögel, Reptilien, Fische. Da Teile des Körpers aufgeschnitten werden sollen, um das Innenleben sichtbar zu machen, soll der Körper auch ein Volumen besitzen, bei dem sich eine Darstellung von Innenleben lohnt. Und weil die Arbeit in Farbe ausgeführt werden soll empfiehlt sich als taktisches Vorgehen zuerst die Ausarbeitung des äußeren Erscheinungsbilds abzuschließen bevor der Körper durch Schnitte eröffnet wird. 
Sofern man hat, kann man den Schülern mit Bildmaterial Anregungen  geben, indem man sie an Aliens erinnert, die sie vom Kino her kennen, etwa den E.T. aus Spielbergs Film. Daran könnte sich ein ganz interessantes Gespräch knüpfen über eine ansprechende, Neugier, Fürsorgeinstinkte, Angst oder Ekel weckende Körperform.
zweiter Schritt: Textur einer Körperoberfläche
Sofern man eine Arbeit als Zeichnung beginnt, hat man als Lehrer oft Überzeugungsarbeit zu leisten, wenn man die Schüler nachträglich auffordert, ihre Zeichnungen mit Wasserfarben zu überarbeiten. Viele Kinder befürchten offensichtlich die meist klaren Formen der Zeichnung durch einen schwer kontrollierbaren deckenden Farbauftrag zu ruinieren. Solche Befürchtungen sind nicht ganz unberechtigt, aber man kann den Kindern den Weg zu einem transparenten Farbauftrag weisen, bei dem die Zeichnung weitestgehend erhalten bleibt. Gelegentlich nehme ich mir eine Schülerarbeit vor, kopiere die Zeichnung oder ein Frühstadium der Malerei und mache an der Kopie Verbesserungsvorschläge.
Die links im Ausschnitt gezeigte Schülerarbeit habe ich im Farbton Rot, im Kontrast und in den Lichtern verstärkt. Mit Weiß und Gelb habe ich zusätzlich einige Lichter aufgesetzt, mit zeichnerischer Schraffur habe ich einige Schattenpartien verstärkt, wodurch z.B. Kopf und Bauch stärker hervortreten, das Gewirr der Beine räumlich deutlicher gestaffelt wurde. Den Zwischenraum der Zähne habe ich dunkel aufgefüllt, dem Blick der Augen einen Glanzpunkt gegeben. Schließlich habe ich auf dem Kopf und an den Beinen etwas Behaarung sprießen lassen. Ganz erheblich hat sich die Wirkung verändert, als ich den Kerl vor einen dunklen Hintergrund gestellt habe.
Für einen mehr malerischen Weg habe ich den Schülern gezeigt, wie man mit Hilfe verschiedener Pinsel, durch trockenen oder mehr wässrigen Farbauftrag, durch Übereinanderlegen mehrerer Farbschichten, durch Tupfen mit einem farbgetränkten Lappen, einem Stück Styropor oder einem Schwamm verschiedene Texturen erzeugen kann, die wie Fell oder Schuppen aussehen können. Solche Angebote verpflichten niemand zu einem bestimmten Weg, legen es aber nahe, einen eigenen Weg zu suchen, mit den zur Verfügung stehenden Mitteln Experimente anzustellen.
dritter Schritt: Entfaltung des Innenlebens
Nach dem Fertigstellen und Trocknen der Deckschicht schnitten wir mit dem Messer oder der Schere die Öffnungen in die Körper und jeder musste festlegen, wie durch auffalten das Innenleben sichtbar werden soll. Die Größe und Form des Innenbereichs kann man zeichnerisch mit ein paar Punkten auf ein hinter das Deckblatt geschobenes Blatt markieren. Dann wird das Körperinnere zeichnerisch und malerisch ausgearbeitet und erst zum Schluß hinter das Deckblatt geklebt. Statt den Hintergrund farbig zu gestalten haben es einige Schüler vorgezogen, ihr Wesen auszuschneiden und auf einen farbigen Bogen Tonpapier aufzukleben, auf den dann zuletzt auch die wissenschaftliche Bezeichnung der Körperteile als Legende beschriftet wurde.
Leider habe ich es versäumt das Endstadium der Arbeiten im Bild festzuuhalten, bevor sie am Jahresende den Schülern zurückgegeben wurden. So kann ich den letzten Schliff nur an einer Arbeit präsentieren, die ich aus dem Unterricht einer Referendarin geerbt habe, der ich auch die Anregung für das ganze Projekt verdanke.