Turner, Joseph Mallord William
* 23.4.1775 in London
† 19.12.1851 in London
.
Biografische Eckdaten
  • Sohn eines Friseurs und Perückenmachers 
  • Da William ein sehr zartes Kind war, wurde er zu einem Onkel nach Brentford aufs Land geschickt
  • Kindheit in Covent Garden 
  • Turners Mutter war seelisch labil und starb1804 in geistiger Umnachtung
  • Früheste erhaltene Zeichnungen mit zwölf Jahren ausgeführt
  • Seit 1796 stellt Turner Ölbilder aus. 
  • Fast jährliche Touren mit dem Skizzenbuch 
  • 1819 Erste Fahrt nach Italien. 
  • 1807 aus Pflichtgefühl Übernahme einer Professur für Perspektive an der Royal Academy
  • Turner verfügte über einen stark ausgeprägten, wenn auch etwas exzentrischen Intellekt
  • war unverheiratet; seine Geliebte Sarah Danby, die Witwe eines Musikers, gebar ihm zwei Kinder 
  • Herbst 1834 : Der Brand der Houses of Parliament  war der unmittelbare Anlaß für die Entfaltung seines Spätstiles

  •  

     

    Den grandiosen Fortschritt jener Jahre muß man an den Originalen studieren. Turners Testament, das ursprünglich auch eine wohltätige Stiftung für Künstler vorsah, wurde angefochten - vielleicht zum Glück. Denn obgleich das Vermächtnis auf Bilder beschränkt war, hinterließ er keine genauere Bestimmung des Begriffes Bild. Schließlich ging der gesamte Bestand seines Ateliers in das Eigentum der britischen Nation über. Die Ölgemälde befinden sich, abgesehen von wenigen Meisterwerken in der National Gallery zu London, in der Tate Gallery; die etwa 19000 Zeichnungen und Aquarelle werden im British Museum aufbewahrt.

    .
    Freundschaften, geistige Verwandtschaften
  • Um etwa 1805 - 1806 soll Turner Schüler von Paul Sandby, Thomas Malton sowie von Architektur- und Blumenzeichnern gewesen sein.
  • Im Dezember 1789 als Student an der Royal Academy zugelassen, der er sein ganzes Leben hindurch verbunden blieb. 
  • Seit 1790 Beteiligung an den jährlichen Ausstellungen der Akademie. Danach Ausbildung bei Dr. Thomas Munro.Unter dessen Einfluß begann Turners Arbeitskollege Thomas Girtin, die Farben direkt zu verwenden, ohne die traditionelle monochrome Vorbereitung; diesem Beispiel folgte Turner bald.
  • Sein ständiger Begleiter war sein Vater, der ihm den Haushalt führte, sich um die Geschäfte kümmerte und die Leinwand präparierte. Der Vater starb 1829; da Turner verhältnismäßig ungebunden war, konnte er lange Zeiträume bei seinem Gönner und Freund Lord Egremont zubringen. 

  • Es scheint, daß die Atmosphäre dieses Hauses in Petworth, das voll von gefügigen Damen und unehelichen Kindern war und wo Turner sich wohl fühlte, viel zu der Entspannung und Freiheit beitrug, die seine Kunst erfüllte.
    .
    Werkauswahl:
  • "Der Brand der Houses of Parliament", um 1834-35. Öl auf Leinwand, 91×122 cm. Philadelphia(Pennsylvania), Museum of Art.
  • "Schneesturm auf dem Meer", 1842. Öl auf Leinwand, 91,5 x 122 cm 
  • "The Dogana and Santa Maria della Salute, Venice", Washington D.C., National Gallery of Art 
  • "Keelmen Heaving in Coals by Moonlight", Washington D.C., National Gallery of Art 
  • "Schneesturm: Dampfboot vor einer Hafeneinfahrt" 
  • "Norham Castle bei Sonnenaufgang", 1835-1840. Öl auf Leinwand, 91 x 122 cm. London, Tate Gallery. 
  • "Landscape with distant river and bay". Öl auf Leinwand, 94x124 cm. Paris, Musée du Louvre

  • "Regen, Dampf und Geschwindigkeit (Die große westliche Eisenbahn)",1844. Öl auf Leinwand, 98 x 122cm. London, The National Gallery siehe Eingangsseite
    .
    Themen, Techniken, Charakteristika 
  • In seinen frühen Bildern orientiert er sich vor allem an den holländischen Meistern wie beispielsweise Rembrandt, aber auch an Tizian und Claude Lorrain, später tritt aber die Farbe stärker in den Vordergrund, die Formen des Motivs werden aufgelöst. 
  • Die Farbe als wichtigstes Mittel erhält bei Turner eigene Ausdruckskraft, eigenen Wert. Ausführlich hatte er sich mit Farbtheorien beschäftigt und erkannt, daß die Pigmentmischung weit weniger leuchtend ist als die Farblichtmischung bei der Betrachtung. So verleiht er den Farben durch verschiedenfarbige, nebeneinander liegende Flecken und Streifen eine unglaubliche Leuchtkraft. Dafür verwendet Turner keine "unbunten" oder Erdfarben, sondern lebhafte Farben und viel Weiß. Hell/Dunkel erzeugt er nicht durch Schwarz und Weiß, sondern durch Gelb und Blau.
  • In seinen Bildern ist teilweise keine Komposition erkennbar, kaum klare Linien und keine starke Fluchtpunktperspektive [Eine Ausnahme bildet bspw. das 1844 entstandene Bild ´Rain, Steam, and Speed´, welches sowohl eine streng symmetrisch-geometrische lineare Komposition als auch eine starke Fluchtpunktperspektive aufweist.]; und doch schafft Turner durch Farbperspektive einen klaren Bildraum. Die Farbe stuft  den Raum einerseits durch bildparallele, streifenartige Schichtung nach hinten ab, zum anderen erzeugt sie durch kreisförmige, spiralige Bewegung einen wahren Tiefensog. Die tiefsten Stellen seiner Bilder sind jene mit den schärfsten Kontrasten, vor allem Gelb/Blau und Violett/Orange. 
  • Turner löst die Konturen der Objekte völlig auf, schafft durch Zerstörung der Materie eine völlig grenzenlose Welt. Er malt nicht nach der Natur, sondern wie die Natur. Die Farbe seiner Bilder folgt nicht der Form - sie erzeugt sie. Für ihn war klar, daß die Linie den Verstand anspricht, die Farbe aber die Sinne. 
  • Auch der Farbauftrag ist weniger streng, sondern sehr ausdrucksbetont. Turner trägt Farbe verschieden dicht auf, mit dem Spachtel, als Lasur; er verreibt sie, kratzt sie mit dem Pinselstiel ab - wichtig ist nicht feine handwerkliche Arbeit, sondern der Ausdruck mit Farbe.
  • Seine Bilder zeigen die grenzenlose Welt, wie sie in der Romantik gesucht wird, zeigen die Landschaft als Licht und Luftphänomen, Licht und Atmosphärenerscheinungen, und immer wieder Stürme; geisterhafte Nebelschwaden und aufgewühlte See. 
  • Dramatische Naturmomente sind seine liebsten Motive. Aber man entdeckt in seinen Werken auch immer etwas Mythologie, und auch die zeitgenössische Technik wird oft abgebildet. Seine Bilder zeigen die grenzenlose Welt, wie sie in der Romantik gesucht wird, zeigen die Landschaft als Licht und Luftphänomen, Licht und Atmosphärenerscheinungen, und immer wieder Stürme; geisterhafte Nebelschwaden und aufgewühlte See. Dramatische Naturmomente sind seine liebsten Motive. Aber man entdeckt in seinen Werken auch immer etwas Mythologie, und auch die zeitgenössische Technik wird oft abgebildet. 
  • Turner kann ohne schlechtes Gewissen als malerisches Genie verstanden werden: Ein Jahr nach seinem Besuch 1802 im Louvre (Paris)  hatte er bereits die Malweise Tizians in sein Repertoire aufgenommen - mit erstaunlichem Erfolg, wie das Bild Venus und Adonis (New York) beweist.Jedoch die Freiheit und der Fanatismus, womit er einen Stil nach dem anderen aufgriff und umformte, die Brillanz, womit er sogar das Original übertraf, verfeindeten ihn mit den Kunstkennern. Die jüngeren Künstler wurden dagegen tief beeindruckt und beeinflußt;  doch Turner führte seitdem einen ständigen Kampf mit dem konservativen Geschmack. Nur seine topographischen Aquarelle, die er weiterhin malte, wurden allgemein bewundert.
    Heute, wo Turners Werk allgemein anerkannt und hoch geschätzt wird, kann man verstehen, warum er so viele seiner Bilder zurückhielt, die man erst nach seinem Tod in Turners Atelier fand: Er war wie so viele Künstler seiner Zeit voraus mit seinen ungewöhnlichen, experimentellen und sensuell-atmosphärisch Ausdrucks-, oder besser Eindruckstechniken. 
    .
    Quellen:  Kindlers Malereilexikon; Kammerlohr, Epochen der Kunst