Burg

von Reinhard von Tümpling

Ich bin in dieser Datei mit den Mitteln des Zeichnens den Thema einer Burg nachgegangen, die es real gibt und die in der Folge als Tisch-Vorlage für die Schüler (HS By, R8) im Schuljahr 2007-2008 diente und dienen kann. Über eine freundliche Kette kam ich persönlich in Kontakt und kann nun dies Thema hier sinnvoll und gebunden bearbeiten. Im wesentlichen Kern geht es zeichnerisch um die 3D-artige Auffassung und fantasievolle Wiedergabe und belebte Interpretation der Mauern und Gebäude.

Als Stundenfüller und Themenhinführung geeignet:


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für OH-Folie geeignet; was ist sichtbar, was bleibt unsichtbar, was muss radiert werden? Welche Flächen muss ich füllen?

 

Das Verfahren recht einfach gezeigt......


Bild: Burg_7.jpg
: mit zwei Bleistiften zugleich zeichnen. Die Stifte müssen senkrecht übereinander stehen und die Handstellung darf während des Zeichnens bezogen zum Papier hin nicht verschoben oder gedreht werden....

 


Die Erlaubniszettel der Erziehungsberechtigten zur Veröffentlichung der Schülerarbeiten liegen real vor.  

Zum Speichern von Bildern und Schablonen:
rechter Mausklick auf die Abbildung - "Ziel speichern unter.." wählen.

 

Ein anderer gehaltener Unterricht:


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Der Neuanfang:


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: der Grundriss

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: eigene Skizze

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: die Lage

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: die Relief-Lage

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: Verkehrsanbindung

 


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: Schülerarbeit...........

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Ich habe mich diesem Thema auch anders genähert:

daraus entstanden Fragmente zur Ruinenromantik...


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: Schülerskizzen

 


Nachträge:


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: (methodisch-grafischer Zwischenschritt)

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: Lernblatt

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: A4 quer, als Tischvorlage verwendbar


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: die vorgefundenen Steinmetzzeichen

 

Wer das Thema bildhauerisch begreifen möchte und z.B. die Kapitele gestalten möchte...


Bild: Burg_31_Stein.jpg
: Ytong-Gasbeton-Leichtbetonstein

Bild: Burg_32_Stein.jpg
: der Unterricht eines Kollegen


Lehrplaneinbindung:

6.4 Kunst im Mittelalter: Ein Werk entsteht

Das Nacherleben der Entstehungsgeschichte eines Kunstwerks der Romanik oder Gotik kann den Schülern einen emotional geprägten Zugang zu den Menschen des Mittelalters erschließen, denen wir das Werk verdanken. Der Blick in die Klosterschreibstube oder Bauhütte des Hochmittelalters oder in die Malerwerkstatt des Spätmittelalters soll den Schülern eine anschauliche Vorstellung vom Lebenszusammenhang geben, in dem das Werk entstand und sie zur Wertschätzung handwerklicher und künstlerischer Leistungen mittelalterlicher Meister führen. KR 6.1.1, 6.2.2, 6.6.1, G/Sk/Ek 6.5

Betrachten: Ein Kunstwerk des Mittelalters - möglichst aus dem näheren Heimatraum (z. B. Kirche, Kathedrale, Burg, Flügelaltar, plastische Figur, Glasfenster), Aspekte der Werkentstehung: Anlass, Auftraggeber Arbeitsorganisation: Werkstatt, Bauhütte, die Arbeit am Werk: Planung und technische Realisation, Material und Werkzeug, Arbeitsteilung und Kooperation, die Gestalt des Werks, seine Funktion und Bedeutung damals und heute

In der 8. Jgst.:

8.1 Räumlichkeit entdecken und sichtbar machen: Perspektiven

Die Probleme der Raumdarstellung erfordern eine individuelle Anpassung der Aufgabenstellung an den jeweiligen Entwicklungsstand des einzelnen Schülers. An realen und dargestellen Raumsituationen werden Größenverhältnisse und Raumerstreckung beobachtet und Regeln für die zeichnerische Darstellung abgeleitet. Die Schüler sollen mit Hilfe einfacher Konstruktionen der Parallel- und Fluchtpunktperspektive die Illusion des Tiefenraums auf der Fläche erzeugen.

An Werken der bildenden Kunst untersuchen sie die räumliche Wirkung von Farben. Optische "Verwirrspiele" sollen sie zum phantasievollen und spielerischen Umgang mit perspektivischen Darstellungsregeln und Farbkombinationen anregen. Gestalten: grafisches und malerisches Darstellen von Landschaft, Bauwerk oder Innenraum, z. B. durch Schichtung, Überschneidung, Größenstaffelung, Parallel- und Fluchtpunktperspektive M8.3.1, GtB8.1, Farbperspektiven (z. B. "Verblauung"), Spiel mit Perspektiven und optischen Täuschungen: Erfinden und Darstellen z. B. von Irrgärten und Labyrinthen, Räumen mit unterschiedlichen Fluchtpunkten und "falschen" Perspektiven

Nachsätze:

Ich habe diese Datei themengebunden zusammengestellt und nicht so sehr lehrplangebunden und ich fasse hier andere Bereiche mit zusammen.


Links:


Wie aktualisiert man dieses Umfeld touristisch?


Bild: Barbarossa_1.jpg: Alexander III. und Friedrich Barbarossa, nach 1408, Fresko.

Quelle Spinello Aretino, S. 2. Digitale Bibliothek Band 22: Kindlers Malerei-Lexikon

etwas abseitig, aber ausgezeichnet...


Romanische Profanarchitektur

Wohn- und Wehrbauten zählten zu den wichtigsten wichtigsten Aufgaben des mittelalterlichen Profanbaus. Ihre monumentale Ausbildung erfuhren sie in befestigten Städten und in Burgen, wo das Wohnen und die Verteidigung zu größter funktionaler Einheit gebracht wurden. Seit dem frühen Mittelalter bevorzugten die Herrscher des Reiches Pfalzen als wechselnde Residenzen. Diese Kaiser- und Königspfalzen mit großzügigen Hallen, Wandelgängen, Kapellen und Atrien waren über das ganze Reich verstreut, da es zur Zeit des Wanderkaisertums noch keine festen Regierungssitze gab.

Im Laufe der Jahre wurden sie von den Herrschern reihum aufgesucht. Die den Pfalzen angeschlossenen Wirtschaftsanlagen dienten der Versorgung des Herrscherhofes. Die Anordnung der Bauteile weisen auf römische, byzantinische und germanische Vorbilder zurück. Die Ruine der Kaiserpfalz zu Gelnhausen, 1158 erstmals genannt, gilt als eine der schönsten und künstlerisch bedeutendsten Kaiserpfalzen in Deutschland. Friedrich I. erhielt sie 1170 als Mainzer Lehen. In der Folgezeit sind mehrere Aufenthalte deutscher Kaiser und Reichstage bezeugt. Im 19. Jahrhundert wurde die Ruine restauriert. Die Grundlagen des Burgenbaus waren landschaftlich bedingt. In Deutschland wuchs die Burg gleichsam aus dem Gelände heraus und versuchte sich verteidigungstechnisch den topographischen Gegebenheiten anzupassen. Die Ringburg, deren Ring sich aus Mauern und Häusern zusammensetzt, liegt in einem Gelände, das nach allen Seiten gleichmäßig geschützt ist. Im flachen Terrain wird sie von einem Wassergraben umgeben. in der staufischen Burg gten sich einzelne Bauteile zu einer ausgedehnten Gruppe. Rund, quadratisch oder polygonal konzipiert, bildeten die Bergfriede den fortifikatorischen Mittelpunkt der staufischen Burgen. Festsäle und Wohnungen waren in einem eigenen Gebäude, dem Palas, untergebracht.

Was ist eine Pfalz?

Das deutsche Reich des Mittelalters wurde nach germanischem Herkommen von einem gewählten König regiert, der aber im Sinne imperialer- römischer Traditionen meist auch den Kaisertitel vom Papst empfing. Das Deutschland jener Zeit war allerdings wirtschaftlich und politisch weit hinter das Römische Reich zurückgefallen. Der Kaiser hatte noch keine feste Residenz, sondern musste umherziehen, um seine Herrschaft persönlich durchzusetzen. Hinzu kam, dass keine Region seinen großen Hofstaat lange ernähren konnte. In karolingischer Zeit war der Hof oft in Klöstern zu Gast gewesen, aber nach dem Investiturstreit des 11. Jahrhunderts stand der Kirchenbesitz nicht mehr unbedingt zur Verfügung; daher griff er stärker auf eigenen Besitz zurück. Dem Reich gehörten verstreute Güter mit landwirtschaftlichen Großbetrieben {Königshöfe) die oft auch über Befestigungen verfügten. Diese boten gute Voraussetzungen für den Hofstaat des Kaisers. Wenn der Kaiser einen solchen Königshof besonders schätzte, z.B. wegen des fruchtbaren Landes, der Verkehrslage oder aus persönlichen Gründen-, dann stattete er ihn gerne mit repräsentativen Bauten aus und suchte ihn besonders oft auf. Er schuf eine Pfalz.

In den Schriftquellen haben die Bestandteile von Pfalzen verschiedene Bezeichnungen.

Der Wirtschaftsbetrieb wurde curtis (Hof) genannt, die Burg castrum, die repräsentativen Bauten polatium. Die drei Teile konnten örtlich getrennt sein, aber die Verbindung von palatium und castrum wurde mit der Zeit üblich.

Gelnhausen ist ein gutes Beispiel für die Integration von Burg und höfischen Bauten. Das palatium - die Repräsentationsbauten mit Saal, Kapelle und Kaiserwohnung- galt den Zeitgenossen als Zentrum der Anlage. Aus palatium entstand noch im Mittelalter die bis heute verwendete Kurzform Pfalz. Diese Ableitung belegt, dass Kaiser und Reich sich als Nachfolger des Imperium Roman um verstanden, denn palatium ist von dem stadtrömischen Hügel Palatin abgeleitet, auf dem die spätantiken Kaiserpaläste standen.

Wann entstand die Pfalz?

Spätmittelalterliche Chroniken behaupten, die Pfalz Gelnhausen sei wie die Stadt von Kaiser Friedrich L Barbarossa erbaut worden, dessen Regierung (1152-90) als politischer Höhepunkt der Stauferzeit und des deutschen Mittelalters gilt. In Gelnhausen wird eine Burg (castrum) seit Mitte des 12. Jh. in Urkunden erwähnt. Sie gehörte zunächst einem Adelsgeschlecht von nur regionaler Bedeutung.

1157/58 kaufte sie der Erzbischof von Mainz, wohl im Rahmen einer antikaiserlichen Politik, denn die Urkunde spricht dunkel von Tyrannen und Verfolgern der Ehre Gottes, denen man entgegentreten müsse. Erst zwischen 1165 und 1183 fiel die Burg in den Besitz des Kaisers.

Da keine Schriftquellen Eindeutiges zur Entstehungszeit der erhaltenen Pfalzbauten sagt, muss die Wissenschaft andere Methoden anwenden, um die Erbauungszeit festzustellen. Besonders wichtig ist die Dendrochronologie (griechisch: Zeitmessung anhand von Bäumen), die die Dicke der Jahresringe von Holz vergleicht. Diese Ringe sind bei allen gleichzeitig und in einem Klima lebenden Bäumen gleich dick, so dass ein Stück Holz mit einer Mindestanzahl von Jahresringen durch Vergleich mit einem anderen, bereits datierten Stück zeitlich genau einzuordnen ist. Der letzte Jahresring belegt, wann der Baum gefällt wurde. Da die Pfalz Gelnhausen in einer Flussniederung erbaut wurde, wo der Boden wenig tragfähig ist, stehen ihre Mauern auf eingerammten Pfählen, die das Grundwasser gut konserviert hat. Die drei ältesten Pfähle, die 1992 unter der Nordwand geborgen wurden, sind 1169/70 gefällt worden.

Da die Torhalle nach Beobachtungen am Mauerwerk erst nachträglich an die Ringmauer gebaut wurde, ist damit erwiesen, dass der Baubeginn schon vor 1170 gelegen hat. Nach alledem darf man festhalten, dass Kaiser Friedrich I. sich bald nach 1165 in den vollständigen Besitz von Burg und Herrschaft Gelnhausen gebracht hat, und dass er - im Rahmen einer Politik, die hier wie allgemein der Ausweitung und Sicherung seiner Macht diente, unverzüglich mit dem Bau der Pfalz begann. Als er 1170 daneben die Stadt gründete, begann man bereits mit dem Bau der Torhalle, und so spricht auch alles dafür, dass der Reichstag 1180 bereits in der fertigen Pfalz stattfand.

Ringmauer

Die Ringmauer beeindruckt besonders durch die kantig vorspringenden Buckelquader, die einen kraftvollen und wehrhaften Eindruck machen. Für die Bauten im Hof sind dagegen sorgfältig bearbeitete glatte Flächen und eine feine Ornamentik charakteristisch. Voraussetzung für beides gleichermaßen ist die hohe Qualität des Baumaterials, ein feinkörniger Buntsandstein von angenehmer roter Färbung, der aus den Bergen östlich von Gelnhausen kommt. Die Ringmauer umgibt die Kernburg, deren wichtigsten Bauten an sie anstoßen. Im Osten, wo die Mauer nur noch niedrig und spätmittelalterlich ergänzt ist, passt sie sich polygonal dem Flussufer an. Im Westen, wo keine Rücksicht auf das Wasser zu nehmen war, ist der Grundriss trapezförmig. Sie ist außen und innen mit Buckelquadern verkleidet und an besser erhaltenen Stellen noch über 5,5 m hoch. In dieser Höhe lag wahrscheinlich der Wehrgang, so dass dort nur die Zinnen zerstört sind. Die Stärke beträgt 2 Meter.

In die Kernburg gelangt man noch heute durch das ursprüngliche Rundbogentor, dessen Stufe einen eingekerbten schrägen Anlauf besitzt. Liegt heute davor ein Platz, so befand sich hier anfangs ein wohl doppelter Wassergraben und im Spätmittelalter ein Zwinger. Rechts vom Tor ist die Ringmauer zerstört, so dass man auf den Turm blicken kann, der ursprünglich hinter der Mauer stand. Über dem Tor selbst wurde im Spätmittelalter ein Wurferker eingebaut, dessen vier Kragsteine erhalten sind. Darunter hat man die Buckelquader, die den Wurfgeschossen im Weg gewesen wären, flach abgearbeitet.

Allein der große Rundbogen, durch den man in den Erker tritt, ist noch aus der romanischen Bauzeit; doch war er anfangs nur eine Blende für ein kleines Kapellenfenster, wie links daneben, und ist erst für den Erker geöffnet worden. Durch das Tor tritt man in die Torhalle, den einzigen in seiner Urform erhaltenen Raum der Pfalz. Sie besteht aus zwei Schiffen und drei Jochen und öffnet sich in zwei Korbbögen zum Hof. Eine für die Romanik und einen Profanbau sehr großzügige Gestaltung. Im Nordschiff sind die romanischen Kreuzgratgewölbe erhalten, im Südschiff findet man gotisches Kreuzrippengewölbe des 15. Jh.; damals hatten sich die Mauern gesenkt und die gerissenen Gewölbe mussten erneuert werden. Die Schmuckformen der Halle sind schlicht, aber kraftvoll. Die beiden Säulen mit ihren Würfelkapitellen und attisch profilierten Basen, auf denen das Gewölbe ruht, bilden auch gestalterisch den Mittelpunkt des Raumes. Die Form der Kapitelle weist auf elsässische Vorbilder; ihre Seitenansicht ist durch einen tauartig gewundenen Zierstab in zwei halbrund schließende Felder geteilt, die wiederum vertieft sind. Über dem Kapitell befindet sich die mit kräftigen Wulst profilierte Kämpferplatte, die die breiten Gurtbögen des Gewölbes trägt; dasselbe Profil wiederholt sieh über den Rechteckvorlagen, auf denen die Gurtbögen an den Wänden der Torhalle ruhen. Auch die Sockel dieser Vorlagen wiederholen das attische von antiken Vorbildern in Attika (Griechenland) abgeleitete Profil, das in der Romanik für Säulenbasen und Sockel üblich war: Wulst Kehle, Wulst An den Wänden der Torhalle sind besonders schöne Tympana ausgestellt. Das eine Tympanon zeigt auf den ersten Blick einen Löwen, der ein Lamm reißt. Bei näherer Betrachtung sieht man aber, dass dem Löwen der Schwanz festgebunden wurde und er das Lamm wohl nicht reißt, sondern zur Seite schiebt. Das andere Bogenfeld zeigt einen Mann mit Kreuz und erhobenen Schwert in den Händen, vor dem eine Frau und ein bärtiger Mann knien. Deutet man beide Motive als Darstellung kaiserlicher Macht, würde auf dem ersten der Kaiser als Löwe dargestellt, der das Lamm (die Kirche) in ihre Schranken weist. Beim zweiten Motiv würde die stehende Figur den Kaiser als Herrn über Staat und Kirche darstellen. Der heute nur noch 15 m hohe Rechteckturm (12,1 x 11 m) neben dem Tor war ursprünglich etwa doppelt so hoch und steht im Verbund mit dem Tor- und Kapellenbau. Als typischer Bergfried deckte er das Tor und die angreifbarste Seite der Kernburg. Er war nur durch eine Pforte in 7 m Höhe zu betreten, deren Rundbogen - bei solchen Türmen ungewöhnlich eine Maske trägt. Die Kragsteine für die Leiter sind erhalten. 1451 wurde der einsturzgefährdete Turm halb abgetragen und sein nun oberstes Geschoss als Wachstube neu aufgebaut. Es entstanden ein polygonales Türmchen auf der Südostecke, das auf einem Rundbogenfries ruhte, ferner eine neue Pforte zur Ringmauer und kleine Rechteckfenster. Im Osten des Hofes sieht man im Rasen das Fundament eines noch größeren Bergfrieds, der 1930/31 untersucht wurde. Der Durchmesser dieses Rundturmes sollte 15,60 m betragen, bei einer Mauerstärke von 4 Metern. Hier, wo der Fluss den Angriff erschwerte, konnte der Turm nur als Machtsymbol gemeint sein; er erinnert an einen ebenfalls ergrabenen Rundturm in der Pfalz Frankfurt und romanische Türme der Wetterau wie Münzenberg und Büdingen. Alles spricht dafür, dass diese monumentale Planung schon nach Fertigstellung des Fundamentes wohl aus Angst vor der mangelnden Tragkraft des Bodens aufgegeben wurde. Der unterste Teil zeigt Buckelquader und eine Sockelschräge ähnlich dem Rechteckturm am Tor, aber hier mit ganz flach gearbeiteten Buckeln.

Entstehung und Geschichte

Pfalzen waren etwa vom 8. bis 12. Jh. jene Orte, an denen der kaiserliche Hof auf seinen Reisen durch das Reich für einige Zeit Station machte, um politische Geschähe abzuwickeln. Neben Wohn- und Repräsentationsbauten gehörte zu einer Pfalz meist auch eine Befestigung, die mit diesen verbunden sein konnte, manchmal aber auch nur in der Nähe lag; ferner gab es stets einen Wirtschaftsbetrieb, der die Versorgung des Hofes sicherte. Das Wort „Pfalz“ für eine solche Anlage ist vom lateinischen Wort palalium abgeleitet; und dieses wiederum von dem Hügel Palatin in Rom, auf dem die spätantiken Kai­serpaläste standen. In Deutschland war die Zeit der Staufer (1138-1250) die letzte Blütezeit der Pfalzen; Gelnhausen ist das wohl besterhaltene Beispiel dieser Epoche.

Die Frage, wann die Pfalz Gelnhausen entstanden ist, war lange umstritten, weil die Schriftquellen dazu keine eindeutigen Aussagen machen. Heute können wir jedoch davon ausgehen, dass die Pfalz Ende der 1160er Jahre begonnen und gegen 1180 fer­tig gestellt wurde. Unser Wissen beruht insbesondere auf der naturwissenschaftlichen Datierung von Pfählen unter dem Fundament (Dendrochronologie). Die daraus resultierenden Ergeb­nisse werden aber auch durch die Schmuckformen und durch die politische Situation bestätigt.

Kaiser Friedrich I. „Barbarossa“ (reg. 1152-1190) nutzte eine Schwächeperiode des Erzbistums Mainz, um ab 1165 in der Region Fuß zu fassen. Gelnhausen war ein wichtiger Punkt an einer Handelsstraße von Sachsen ins Rheinland, denn hier wurden die mit Pferd und Wagen transportierten Waren auf Schiffe umgeladen, die sie auf dem kleinen Fluss Kinzig zum Main wei­ter transportierten. Wer diesen Platz beherrschte, konnte an den Handelsströmen partizipieren. Friedrich I. brachte deswegen nach 1165 die Burg Gelnhausen an sich, die Mainz 1157/58 erworben hatte, und begann sofort den Bau der Pfalz. 1170 gründete er daneben die Stadt Gelnhausen - deren Baudenk­mäler sind gleichfalls einen Besuch wert - und schon 1180 hielt er hier einen seiner wichtigsten Reichstage ab. In nachstaufischer Zeit, ab 1250, verlor die Pfalz an Bedeutung. Die ehemaligen kaiserlichen „Burgmannen“, die sie zu vertei­digen und zu verwalten hatten, machten aus ihr den Mittel­punkt einer eigenen Herrschaft, die unabhängig von der benachbarten Stadt blieb. Um 1400 begannen die kaiserlichen Bauten in der Kernburg, deren Ruinen wir heute sehen, zu verfallen; nur die Kapelle blieb als Pfarrkirche bis ins 19. Jh. erhal­ten. 1827 erbot Kurfürst Wilhelm I. von Hessen-Kassel den weiteren Abbruch. Zwischen 1827 und 1860 wurden erste Sicherungen durchgeführt, weitere Restaurierungen gab es um 1950 und wieder 1961; die jüngsten Maßnahmen sind noch nicht abgeschlossen.

Die Gesamtanlage

Bei Gelnhausen verlässt das Flüsschen Kinzig die Berge. Auf einer der Inseln, die der Fluss bildete, liegt die Pfalz südöstlich der Stadt, wohl anstelle der älteren Burg. Am Ostrand findet man die Kernburg - die Pfalz im engeren Sinne -. wesentlich schließt die kleine Siedlung an, die im Spätmittelalter aus der ursprünglichen Vorburg entstand. Ihre Mauern aus dem 15. Jh. sind versehwunden, nur im Norden findet man noch Reste und im Süden den unteren Teil des „Haintores“. In der Vorburg lagen ursprünglich die Wirtschaftsgebäude, aber auch die Höfe der Burgmannen, die im Gegensatz zum kaiserlichen Hofstaat hier ständig wohnten. Bis ins Spätmittelalter gab es in der Vorburg offenbar keine Steinbauten, so dass die ältesten Bauten hier nur bis ins 14./I5. Jh. zurückgehen. Das Burgmuseum vor der Kernburg enthält ein Fachwerkhaus des 14. Jh. und wurde um 1500 erweitert. Gleichzeitig entstand auch die „Burgkaplanei“, ein Gebäude mit Vorhangbogenfenstern, das ursprünglich zum mittleren Burgmannenhof im Westen der Vorburg gehörte. Spätgotisch ist auch das frühere Rathaus der Gemeinde „Burg Gelnhausen“, das an der Nord­mauer der Vorburg stand und früher eines ihrer Tore enthielt. Die Nordwand des Rathauses gehörte zur Vorburgmauer, vor der ein Wassergraben lag.

3. Ringmauer und Westturm der Kernburg

Der dem kaiserlichen Hofstaat vorbehaltene Teil der Pfalz, die als Ruine erhaltene Kernburg, besticht durch ihre aufwendige Bautechnik. Die vorspringenden Buckelquader aus rotem Buntsandstein verleihen ihr außen einen kraftvollen und wehrhaften Eindruck; für die Bauten im Hof sind dagegen glat­te Flachen und eine feine Ornamentik charakteristisch. Von außen sieht man zunächst die Ringmauer der Kernburg, die früher 7,50 m hoch war. An diese lehnten sich innen die wichtigsten Bauten an. Sie folgt westlich der Form eines Tra­pezes und passt sich östlich dem Flussufer an. Im Süden sieht man noch einen Aborterker von einem der Nebengebäude. Im Westen fällt die Schrägstellung aufgrund nachgebender Funda­mente auf. Hinter einer durch Einsturz entstandenen Lücke rechts neben dem Tor steht ein gleichfalls mit Buckelquadern verkleideter Rechteckturm, der heute noch 13 m hoch ist, ursprünglich aber sicher 20 m erreichte. Man betrat ihn vom Hof über eine Leiter oder Treppe und eine Rundbogenpforte in 7 m Höhe, deren Bogen eine Maske trägt. 1431 wurde der ein­sturzgefährdete Turm halb abgetragen und eine Wachstube neu aufgesetzt: aus dieser Zeit stammte auch ein Türmchen auf der Südostecke, das auf einem erhaltenen Rundbogenfries ruhte.

Die markante Buckelquadertechnik prägt zahlreiche Burgen und Pfalzen vor allem in den Regionen des Buntsandsteins und des Kalksteins, in großen Teilen Süd- und Westdeutschlands samt dem Elsass und der Nordschweiz. Sie war eine Mode, die um die Mitte des 12. Jh. aufkam und sich gegen 1500 großen­teils wieder verlor. Die Buckelquader „staufisch“ zu nennen, ist als Zeitangabe richtig, da die Staufer 1138-1250 regierten, aber es gibt keinen Grund, sie als 1 Herrschaltssymbol der staufischen Dynastie zu deuten.

Ein wichtiges Merkmal der Pfalz sind die Steinmetzeichen. Jedes Zeichen gehörte einem Steinmetzen, derseinen“ Lohn sicherte, indem er seinen Haufen Quader damit markierte. Nahezu 60 Steinmetzzeichen wie in Gelnhausen zeigen, dass man viele Facharbeiter heranzog, um den Bau besonders schnell auszuführen. An wenigen Stellen findet man außer­dem kleine Löcher in Quadermitte, die zum Transport der Steine mittels eines Krans und einer Hebezange dienten: diese „Zangenlöcher“ sind in Gelnhausen Beleg für Umbauten des 15. Jh.

Ein technischer Aspekt der Pfalz, der ihre Baugeschichte geprägt hat, ist die Pfahlgründung. Auf der Kinziginsel stehen die Fundamente auf feuchtem, wenig tragfähigem Boden. Die Erbauer der Pfalz rammten daher einen Rost aus Baumstäm­men ein, auf den die Mauern gesetzt wurden. Der Zustand vor allem der Ringmauern mit ihren Stützpfeilern und erneuerten Partien und auch die Schriftquellen zeigen jedoch, dass die Pfähle von Anfang an nachgegeben haben.

4. Torhalle und Kapelle

Heute betritt man die Kernburg der Pfalz durch das Burgmu­seum, ein Burgmannenhaus des 14./16. Jh. Es präsentiert ein Modell von Stadt und Pfalz in spätstaufischer Zeit im Untergeschoss im Obergeschoss und in einem Kellerraum ferner Teile der Bauskulptur. Den kleinen Platz zwischen Museum und Tor der Kernburg gab es im Mittelalter noch nicht; hier befand sich ein Zwinger und davor, gegen die Vorburg, ein Wassergraben. Das romanische Rundbogentor der Kernburg ist unverändert erhallen. Zwei Rundbogennischen, ehemals mit kleinen Fenstern, deuten darüber auf die Lage der Burgkapelle hin. In den rechten dieser Bögen wurde im Spätmittelalter ein Wurferker eingebaut. Durch das Tor tritt man in die Torhalle, den einzigen in seiner Urform erhaltenen Raum der Pfalz. Sie besteht aus zwei Schif­fen und drei Jochen und öffnet sich in zwei Korbbogen großzü­gig zum Hof. Die beiden Säulen mit ihren Würfelkapitellen und attischen Basen, auf denen das Gewölbe ruht, sind von elsässischen Vorbildern ableitbar. Die breiten Gurtbögen des Gewöl­bes ruhen auf kräftig profilierten Kämpferplatten; dasselbe Profil wiederholt sich über den Rechteckvorlagen, auf denen die Gurtbögen an den Wänden ruhen.

Im Nordschiff sind romanische Kreuzgratgewölbe erhalten, im Südschiff gotische Kreuzrippengewölbe des 15. Jh.

In der Torhalle sind zwei Bogenfelder ausgestellt, die früher zu Portalen im Palas oder in der Kapelle gehört haben. Ein Bogenfeld zeigt einen Löwen, der ein Lamm reißt, das andere einen Mann mit Kreuz und Schwert, vor dem eine Frau und ein bärtiger Mann knien. Das erste Motiv symbolisiert den Sieg des Starken über den Schwachen, das andere wohl den Kaiser als Herrscher über Staat und Kirche. Das Löwentympanon ruht auf einem Gesimsstück aus Wandsäulen die von einem Kamin stammen dürften.

Die beiden Korbbögen der Torhalle zeigen zum Hof die gleiche Gliederung wie die Gurtbögen Inneren, mit demselben Sockel- und Kämpferprofil, aber gestufte Bögen. Vor die Bögen ist eine weitere Gliederungsebene gelegt, deren ästhetische Funktion es war, die Kapellenfassade zu „tragen“ und damit die Eigenwertigkeit des Sakralraumes zu betonen In dem Zwei-Bogen-Motiv klingen Formen römischer Architektur an, wahrscheinlich über Südfrankreich vermittelt.

Die vorgelegte Gliederung ruht rechts und mittig auf Säulen und links auf einer Konsole an der Turmecke. Über ihnen stei­gen senkrechte, mit Rundstab profilierte Ränder (Lisenen) auf, zwischen denen zusätzlich flache Stichbögen die Korbbögen der Torhalle überspannen. Die drei Lisenen stoßen gegen ein horizontales Rand, über dem ein Gesims vorspringt. Dieses verlief auf Fußbodenhöhe der Kapelle und trug die eigentliche, zerstörte Kapellenfassade.

Die Säulen vor der Torhalle sind schlanker als jene darinnen, ihre Kämpferplatten feiner profiliert. Vor allem aber findet man hier 1 Kelchblockkapitelle, also eine modernere Form als die der Würfelkapitelle in der Halle (bei einem Kelchblockkapitell besitzt der obere Teil die Form eines Blockes, die untere die eines Kelches). Das rechte Kapitell zeigt pflanzliche Ornamen­tik, das mittlere vier stehende Adler, die zweifellos die kaiserli­che Macht symbolisierten.

Von der Fassade der Kapelle selbst sind nur links und rechts zwei Pilaster erhalten, die die Lisenen des Erdgeschosses fort­führten. Auch über der mittleren Lisene bzw. der Säule mit dem Adlerkapitell befand sich gewiss ein solcher Pilaster, was eine Teilung der Fassade in zwei Felder bewirkte, entspre­chend der Zweischiffigkeit der Kapelle. .Neben den erhaltenen Pilastern sieht man die Gewändeansätze von zwei Rundbogennischen. in denen kleine Fenster lagen; aus der Breite der Kapelle darf man vier solche Nischen und Fenster rekonstruie­ren.

Aus der Torhalle führen zwei Treppen zur Kapelle. Die Süd­treppe steigt in der Turmwand auf. Die Nordtreppe, im Winkel zwischen Tor-Kapellen-Bau und Palas, führte in den Palas und die Mitteljoche der Kapelle; diese Treppe benutzte sicher der Kaiser, der einen Platz direkt vor dem Altar einnahm. Der Kapellenraum besaß dieselbe Grundform wie die Torhalle darunter, also zwei Schiffe zu drei Jochen, was ungewöhnlich ist, denn die Stützen behinderten den Blick auf den mutig ste­llenden Altar. Dass der Sakralraum eine höhere Würde besaß als die Torhalle, zeigen die Wandvorlagen, auf denen die Gewölbe ruhten. Sic besitzen eine Stufe und sind zudem durch Säulen bereichert. Eine Halbsäule trug jeweils den Gurtbogen, schlankere Säulen in den zurückspringenden Winkeln die Rip­pen des Gewölbes. Zwischen den Vorlagen ist die Wand rundbogig eingenischt, so dass ein kraftvolles Relief nach provenzalischen Vorbildern entstand. Die geringere Tiefe der beiden Ostjoche und eine abgewandelte Wandgliederung sind unauf­fällige Hinweise auf den besonderen Rang des Altarraums. Die beiden Freistützen der Kapelle halten den Grundriss eines vierblättrigen Kleeblatts, wie man aus einer Basis und einem Kapitell im Museum schließen darf. Die Wölbung dürfte Rippen mit halbrundem Querschnitt besessen haben, wovon noch ein rund durchbrochener Schlussstein und weitere Bruchstücke zeugen. Zwar findet man auf den östlichen Wandvorlagen und auf dem erwähnten Kapitell Gewölbeanfänger, die nur einen Grat bilden, aber im späten 12. Jh. wurden manchmal auch Puppen aus solchen Vorfängern entwickelt. Licht erhielt die Kapelle von Osten und Westen, aber auch im Norden ist ein Fensterrest erkennbar.

5. Die Fassade des Palas

Steigt man von der Kapelle Mieder in den Hof hinab, so Rudel man links die Ruine des Palas. Doch sollte man zunächst in den hinteren Teil des Hofes gehen, wo 1930/31 ein zweiter Berg­fried entdeckt wurde. Dieser Rundturm, der vermutlich nicht über das heute teilweise sichtbare Fundament hinauskam, soll­te einen Durchmesser von 15,60 m haben, bei 4 m dicken Mau­ern. An der Ostseite, wo der Fluss den Angriff erschwerte, konnte der Turm nur als Machtsymbol gemeint sein. Der Palas. dessen Ruine die Nordseile der Kernburg einnimmt, war das eigentliche Herz der Pfalz. Hier fanden Hoftage, Gerichtssitzungen, Empfänge und Feste statt. Erhalten ist von dem 29 x 1 5,70 m großen Bau zwar fast nur der untere Teil der Hoffassade, aber dieser vermittelt durchaus einen Eindruck von der aufwendigen und gelungenen Gestaltung. Der 2,75 m hohe Sockel enthält die Öffnungen des Kellers; einen großen Bogen, zu dem eine Rampe hinabführte, vier Rundbogenfenster und ein größeres, nur teilweise erhaltenes Fenster am Westende. Im hoch gesetzten Erdgeschoss liegt etwa in Fassadenmitte das Hauptportal des Palas; früher befand sich davor, über der Kellerrampe, eine Doppeltreppe. Dass das Portal aus der Mittelachse nach rechts gerückt ist, liegt an der Anordnung der Fenster, die sich aus den Innenräumen ergab - links gibt es zwei dreiteilige Säulenarkaturen, rechts eine fünfteilige.

Das Portal ist ein fein gestaltetes Meisterwerk. Die Gewände aus drei schlanken Säulchen tragen einen Kleeblattbogen, des­sen Abrundung Rankenwerk mit eingewobenen Figuren zeigt, vielleicht Darstellungen der Jahreszeilen. Zusätzlich um­rahmt ein Rundbogen, dessen ebenfalls gerundete Kante feine Palmetten trägt, den Kleeblattbogen. Darüber wurde im 19. Jh. eine Kopfkonsole eingemauert; der vermeintliche „Barbarossa­kopf“ ist wohl eine Allegorie der Eitelkeit.

Die rundbogigen Fensterarkaden des Palas ruhen auf Doppel­säulen, deren Kelchblockkapitelle zusammen mit den darauf liegenden Kämpferplatten den Höhepunkt der Ornamentik in der Pfalz bilden. Sie wirken nicht nur durch die Reihung als einheitliches Motiv, sondern auch, weil der vorspringende Kämpfer sich über die Wandteile fortsetzt, lediglich durch das Portal unterbrochen. Dieses Gestaltungsmittel betonte mit dem Sockel die Horizontale. Die Fassade besah aber auch eine Beto­nung der Vertikalen, die heute nicht mehr direkt erkennbar ist. Die Arkaden im Erdgeschoss und ihre Pendants im Obergeschoss wurden nämlich jeweils durch eine gemeinsame Rechteckblende umschlossen. Dies erkennt man am Anschluss zum Tor- und Kapellenbau, wo noch der Ansatz der Arkade im Obergeschoss und auch die Begrenzung der Rechteckblende mit einem Rundstab erhalten sind.

6. Die Herkunft der Ornamentik

Aus Vergleichen des „Stils“ bzw. der Schmuckformen kann die Kunstgeschichte erkennen, durch welche Bauten sich ein Steinmetz oder Baumeister für seine eigenen Gestaltungen anregen ließ bzw. welche Region einer Epoche als vorbildhaft galt. Im Falle von Gelnhausen lässt der Stilvergleich Einflüsse vom Oberrhein und aus der Provence erkennen, die damals beide zum „Reich“ gehörten.

Die Torhalle erinnert nicht nur in ihrer Gesamtform an die Vor­hallen elsässischer Kirchen, auch ihre Kapitellformen finden sich dort wieder. Die rekonstruierbaren Kapellengewölbe - runde Rippen, die zur Kämpferplatte spitz zulaufen - sind ebenfalls im Elsass nachweisbar. Schließlich stammen auch die Grundform nahezu aller Kapitelle der Pfalz und weitere Einzelheiten wie etwa die Abrundung von Kanten aus dem elsässischen Sakralbau. Einflüsse aus der Provence und Südfrankreich findet man in der feinen pflanzlichen Ornamentik der Säulenkapitelle und –kämpfer, die im deutschen Sprachraum ungewöhnlich, in Südfrank­reich aber, angelehnt an römische Formen, weit verbreitet waren. Dies gilt auch für das Kämpfergesims im Erdgeschoss des Palas. In der zweibogigen und zweischichtigen Gestaltung der Torhallenfront kann man ebenfalls das Vorbild römischer Portale erkennen. Auch die Innengestaltung der Kapelle, vor allem die ausgenischten Wände, ist typisch für provenzalische Kirchen, wurde hier aber dem elsässischen Kippengewölbe angepasst. Die Bauten im Elsass und in Südfrankreich, deren Ornamentik für Gelnhausen anregend war, sind gegen 1160 entstanden; nur die Ostteile des Straßburger Münsters sind etwas jünger (nach 1176); allerdings sind die „straßburgischen“ Formen in Geln­hausen letztlich vom Wormser Dom herzuleiten, der schon ab den 1120er Jahren in Bau war. Daher steht das Ergebnis der Stilvergleiche in Einklang mit den dendrochronologischen und historischen Ergebnissen: Die Pfalz wurde um 1170-80 erbaut.

7. Die Innenräume des Palas

Neben der Hoffassade ist vom Palas leider nur ein Rest der Nord­wand erhalten, der zugleich Teil der Ringmauer war. Der untere Teil der Nordwand gehörte zum Keller, der obere zum Erdge­schoss. Im ehemaligen Inneren des Gebäudes steht der heutige Betrachter also auf einer Höhe, die es im intakten Palas gar nicht gab; die Balkendecke lag damals knapp über heutiger Kopfhöhe. Das schlecht belichtete Kellergeschoss diente sicher nur Lagerzwecken, während die beiden Hauptgeschosse Wohn- und Repräsentationsräume aufnahmen. Dazu zählte auch der große Saal, das eigentliche Herz jeder Pfalz. Der Saal musste, um gut nutzbar zu sein, weitgehend ohne Unterteilung durch Wände auskommen. Folglich lag er aus statischen Gründen wohl direkt unter dem Dach im Obergeschoss, während man die kleineren Räume im Erdgeschoss vermuten muss. Bei den Ausgrabungen 1930/31 zeigte sich, dass der Keller in fünf Räume unterteilt war, die über einen Vorraum an der Hofseite zu erreichen waren. Dieser Vorraum lag hinter jenem Bogen, der heute unter dem Portal aus dem Boden ragt. Von ihm aus gelangte man durch ein Tor in einen großen, von drei kräftigen Stützen und Bögen geteilten Raum im östlichen Gebäudeteil, links in einen hofseitigen Gang, an dem nördlich zwei weitere Räume lagen. Durch die Grabungen wissen wir auch, dass an die Ostseite des Palas ein weiteres, auch noch romanisches Gebäude anschloss; es enthielt wohl weitere Wohn- oder Versorgungsräume.

Die Raumaufteilung des Kellers spiegelt wahrscheinlich die ent­sprechende Aufteilung im hoch gesetzten Erdgeschoss wider; dort findet man an den Längswänden des Palas Indizien, die dies bestätigen. Das Portal im Erdgeschoss liegt exakt über dem Bogen im Keller; es führte in einen Vorraum, der ebenfalls jenem im Keller entsprach und dessen Seitenmauern an der Rückwand der Fassade noch ablesbar sind. Hinter dem Vorraum lag ein Saal in der Osthälfte des Gebäudes, der dem Kellerraum darunter entsprach, nur dass man im Erdgeschoss nicht mit Pfei­lern zu rechnen bat. sondern mit schöneren Stützen. Möglicher­weise nahm dieser Saal nicht die ganze Tiefe des Gebäudes ein, denn eventuell lag auch vor ihm hofseitig ein Gang. Erhalten ist der von zwei Sehmuckplatten flankierte Kamin an der Nord­wand dieses Saals, der heute zu den wertvollsten Teilen der Ruine gehört. Die achteckigen, mit Zickzackmotiv gezierten Kaminsäulen besitzen Kapitelle, die jenen der Kapelle ähneln; die Platten sind mit schönem Flechtwerk versehen. Die vorkra­genden Seitenwangen trugen den Kaminmantel. Über der linken Schmuckplatte ist ein halbrundes, mit Zackemotiv verziertes Fenster erhalten. Man hat vermutet, dass vor den Schmuckplatten Throne des Kaisers und der Kaiserin standen, was aber in so direkter Nähe des Feuers unwahrscheinlich ist. Auch diente die­ser kleine Saal nicht für die wichtigsten Anlässe, sondern nur einem kleineren Kreis, vielleicht vor allem im Winter. Im Westeil des Erdgeschosses kann man, wie im Keller, einen hofseitigen Gang annehmen und dahinter zwei Räume; die Hoffassade zeigt in diesem Bereich zwei dreiteilige Arkaturen nebeneinander und deutet damit die ehemaligen Räume an. Von den Räumen selbst blieben in der Ringmauer Ausstattungsteile erhalten. Der an den Saal grenzende Ostraum besaß ein Doppel­fenster mit Seitensitzen in der breiten, an den Kanten säulengeschmückten Nische - das einzige größere Fenster in diesem Geschoss, das zur Außenseite der Burg wies. Der Westraum besaß an derselben Seite zwei Wandschränke bzw. Nischen mit Falz für Holztüren.

Betrachtet man die Ringmauer an der Nordwestecke des Palas vom ehemaligen Graben her, dann sieht man dort zwei Quaderverzahnungen von einer abgebrochenen, ehemals vorspringen­den Abortanlage, die von den Obergeschossen des Palas genutzt und durch die Strömung im Wassergraben gespült wurde. Das Palas- Erdgeschoss ist wahrscheinlich als „privater“ Bereich des Kaisers zu verstehen. Der östliche Saal wird Empfängen gedient haben, der mittlere Kaum mit dem Doppelfenster mag Aufenthalts- und Arbeitsraum des Kaisers gewesen sein und der westliche schließlich sein Schlafraum.

Das Obergeschoss des Palas, und damit sein funktionaler Kern, der große Saal, ist fast völlig zerstört; nur eine Mauerecke im Süd­westen, wo der Bau mit dem Tor-Kapellen-Bau zusammenhing, erlaubt noch Rückschlüsse. Hinter Fenstern, die im Prinzip jene des Erdgeschosses wiederholten, lag vermutlich ein Saal, der die gesamte Fläche des Geschosses einnahm (523 Quadratmeter) und vielleicht durch zwei Reihen Säulen oder Holzstützen unterteilt war. Die etwas improvisiert zwischen Palas und Torbau eingefügte Treppe verband die Torhalle sowohl mit dem Gang im ersten Obergeschoss als auch mit dem Saal; die beiden Rundbogenpforten sind vom Palasinneren sichtbar. War diese 80-100 cm breite Treppe wirklich der einzige Zugang zum Saalgeschoss, in dem sich bei Staatsanlässen zahlreiche Personen höchsten Ran­ges versammelten? Sie wurde in jedem Falle von hoch gestell­ten Persönlichkeiten benutzt, denn sie stellte die kürzeste Verbindung des Palas mit der Kapelle dar. Außerdem entsprachen die Treppen romanischer Profanbauten grundsätzlich noch nicht modernen Vorstellungen. Sie lagen normalerweise in dicken Wänden und waren weit enger und steiler als heute. Vor diesem Hintergrund zeigt die Gelnhäuser Treppe durchaus luxuriöse Merkmale, nämlich in ihrer Ausführung als „Treppen-haus“, in den großzügigen Podesten und der bequemen Rundung der Ostseite.

 

Reinhard von Tümpling, im Juni 2008



Bild: Burg_20_2007.jpg
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wir haben uns über das Burg-Thema im Sommer 2007 angeregt unterhalten können