Mein Leonardo-Projekt

von Reinhard von Tümpling

Ich habe mich im wesentlichen dem methodischen Einfluss meiner Fachkollegin Anja Wuttke aufgeschlossen und ich bedanke mich an dieser Stelle für die eingesehene Leihgabe sehr herzlich.

Meine Kollegin hat mir einen mehrseitigen Comic in der Größe DIN A4 zugeschickt, eine Schülerinnenarbeit von Sarah Stiebe aus ihrer 6. Klasse, die ihre Arbeit großzügig verschenkte. Lehrervorbereitung und fertige Schülerarbeit waren ein stimmig zusammengetragenes und ausgearbeitetes Meisterstück.

 

 

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Bild: vg_com_1.jpg


Bild: vg_com_2.jpg
Diese durchgearbeitete Idee hat mich in ihrer Ausführung überrascht. Sie ist umso leichter durchführbar, je mehr Strukturen des Deutschunterrichts mit einfließen können.

Ich selbst habe in der 7. Jahrgangsstufe Leonardo zu vermitteln.

Lehrplanzitat:
Lz 6.2 Erfinden, Entwerfen und Darstellen: Tüftler und Erfinder

Die Fähigkeit, sich Ungewöhnliches auszudenken und bildhaft sichtbar zu machen wird im Erfinden und Darstellen phantastischer, utopischer oder auch unsinniger "Konstruktionen" besonders herausgefordert. Im Zeichnen und Collagieren sollen die Schüler Apparate, Geräte und Maschinen entwerfen und sich zu deren Verwendung eine Geschichte ausdenken. Erklärende Texte helfen ihnen dabei, ihre "Erfindungen" noch aussagekräftiger darzulegen und anderen verständlich zu machen. Mu 6.3.3 Für projektorientierten Unterricht geeignet. WTG 6.2

Gestalten:
Entwickeln von Bildvorstellungen im freien Zeichnen von "Konstruktionsskizzen", Darstellen einer "Maschine" mit erklärendem Text 6.6, z. B. als Bleistift-, Buntstift-, Federzeichnung, Collage oder in Mischtechnik

Betrachten:
Vorstellen und Erklären der eigenen Entwürfe und Erfindungen, Skizzen und Konstruktionszeichnungen, z. B. von Leonardo da Vinci als Erfinder (Flugapparate, Bau- und Kampfmaschinen); Zeichnungen von Heath Robinson

7.3 Von Künstlern der Renaissance und des Barock: Lebensbilder An je einem Beispiel aus der Renaissance und dem Barock sollen die Schüler Einblick in die Lebensgeschichte und das Werk großer Künstler gewinnen (G/Sk/Ek 7.5.1). In lebendigen und wirklichkeitsnahen Schilderungen menschlicher Schicksale, die nicht nur Erfolge, sondern ebenso Konflikte, Enttäuschungen und Niederlagen darstellen und die Schattenseiten einer Biographie nicht ausblenden, sollen die Schüler beispielhaft erfahren und verstehen lernen, wie sich die Künstler mit den Gedanken ihrer Zeit, mit ihren Lehrmeistern und Kollegen, Auftraggebern und Förderern schöpferisch auseinander setzen.

Betrachten:
Leben und Werk zweier Künstler Lebensgeschichte: Herkunft, Lehrzeit, Reisen, Förderer, Familie, Schicksalsschläge Werkbetrachtung: Inhalt, Form, Ausdruck, Herstellung, Wechselwirkung von Leben und Tod

Gestalten:
als szenisches Spiel (7.7) z. B.: Michelangelo in der Sixtinischen Kapelle, Leonardo erfindet den Hubschrauber, was Dürer in Italien erlebt, ein bayerischer Barockbaumeister bei der Arbeit an einer Kirche (in einem Schloss)

bay. Gymnasium Entwurf 2003
Lz 8.2 Bildende Kunst
Begegnung mit Künstlern: Lebensbilder (ca 6 Std.)

An ausgewählten Beispielen der Renaissance und des Barock (> EU) sollen die Schüler Zusammenhänge zwischen der Lebensgeschichte von Künstlern und ihrem Werk verstehen lernen (> MB). Lebendige und wirklichkeitsnahe Schilderungen menschlicher Schicksale, die nicht nur künstlerische Erfolge, sondern ebenso Konflikte, Enttäuschungen und Niederlagen darstellen und die Schattenseiten einer Biographie nicht ausblenden, zeigen den Schülern beispielhaft, wie Künstler sich mit den Gedanken ihrer Zeit, mit ihren eigenen Zielen und ihrer Lebenssituation schöpferisch auseinandersetzen (> W).

Betrachten
Leben, Werk und Wirkung von mindestens zwei Künstlerpersönlichkeiten; Beispiele: Leonardo ein "uomo universale"; Michelangelo und Papst Julius II; Ratgeb und Riemenschneider im Bauernkrieg; Dürer in Italien; Caravaggio auf der Flucht; Cellini beschreibt sein Leben; Velazquez und Rubens: Hofmaler und Diplomaten; Rembrandt macht Konkurs; die Brüder Asam bauen ihre Privatkirche in München, wichtige Lebensstationen, z.B. Herkunft, Lehrzeit; Reisen; erste Erfolge, Wirkungsbereich,

Lehrplanentwurf bay. Hauptschule 2004
sinngleich Lz 7.3 unverändert


Zur erneuten Klärung des Sachfeldes nehme ich hier die Ergebnisse meines Unterrichts in meiner 6. Jahrgangsstufe im Schuljahr 2003/2004 über die Fantasiemaschine mit hinein.
Den Schülern einer Klasse stand ein und ein halber Bananenkarton voll mit sortierten Bauteilen meiner Fantasiemaschine zur Verfügung. Die Aufgabe hieß nur, einen Apparat zu bauen, der "etwas macht" und entsprach in etwa dem "wilden Denken" aus der Kreativitätsforschung.

Ergebnisse:


Bild: ergeb21.jpg
Ich habe zwei Arbeiten fotografiert, die den anschaulichen Querschnitt der besseren Arbeiten darstellen; sie deuten in etwa auf den visuellen Umwelteintrag von "Star Wars", entsprechend dem Boom an Fantasy-Storys.


Bild: ergeb22.jpg


Bild: ergeb23.jpg
In einer zweiten Linie habe ich dann die Ergebnisse mit Filzschreiber "zeichnen" lassen, um einmal den Ursprung des bildnerischen Gestaltens umzukehren, der gemeinte Gegenstand ist nicht mehr oder kaum zu erkennen.

Die Überlegung lag nahe, einige exemplarische anschauliche Skizzen von Leonardo nachbearbeiten und schriftlich mit Textfahnen kommentieren zu lassen. Aus diesem erarbeiteten Material werde ich einen Blanko-Comic zusammenstellen, er bleibt einem künftigen Schuljahr vorbehalten.


Bild: l_erf_1.gif Leonardos Überlegung zum Bau von Stallungen für ein stehendes Heer

Bild: l_erf_2.gif dasselbe, als Schülerarbeit

 


Bild: l_erf_3.gif Leonardos Überlegung zur leichten Artillerie

 


Bild: l_erf_4.gif ein bewehrter und gedeckter Turm zum Erstürmen von Festungsmauern

 


Bild: l_erf_7.gif ein Sturmwagen

 


Bild: l_erf_12.gif Die Verbesserung der Wasserversorgung eines ständig besetzten hohen Turmes durch eine gestufte Schraube des Archimedes

 


Bild: l_erf_9.gif ein Trommel-Wagen mit Walzensteuerung

 


Bild: l_erf_8.gif eine Feilenhaumaschine mit automatischem Antrieb und Vortrieb

 


Bild: l_erf_10.gif die Erfindung eines Drehkranes für Steinbrüche

 


Bild: l_erf_11.gif eine Erfindung zum Öffnen von Schleusenkammern von schiffbaren Kanälen

 


Bild: l_erf_5.gif die Überlegungen zum angetriebenen Schwingenmechanismus eines Flugapparates oder eines Rudergerätes.

 
Dies Thema war sehr viel ergiebiger für den Schüler und er kann immer noch offene und unverwirklichte Fantasie-Vorstellungen zum Fluggerät haben

 


Bild: l_sch_1.gif Schülerarbeit

 


Bild: l_sch_2.gif dies Bild geht auf den Rollenapparat zurück, den Leonardo skizzierte zum zeitgleichen Heben und Senken

 


Bild: l_sch_3.gif zeigt zwei recht lustige Gleitschirmflieger

 


Bild: l_por_1.gif dies Bild ist eine Nacherfindung einer späteren Grafik seines Portraits

 


Bild: l_por_2.gif die Skizze eines Männerkopfes

 


Bild: l_por_3.jpg
2 Schülerarbeiten als Entwürfe zu einem Deckblatt zu einem Leonardo-Comic

Bild: l_por_4.jpg ebenso

Bild: l_por_5.jpg eine Ausklinkung daraus

Bild: l_por_6.jpg dies Bild kommt seinem Selbstbildnis als altem Manne recht nahe, es gibt von Leonardo nur 3 Selbstbildnisse

Ein schwieriges Unterfangen war die Vermittlung von Leonardos Mona Lisa. Das Bild selbst ist wegen seiner inneren Unbestimmbarkeit weit mehr als ein Zeitdokument. Ich habe deshalb versucht, methodisch dies malerische Problem in mehrere fensterartige Einzelkomplexe aufzulösen.


Bild: l_ml_1.gif als reines "Fensterbild"

Bild: l_ml_2.gif innerhalb dieses Fenster befinden sich für den Schüler vier Einzelprobleme


Bild: l_ml_3.gif zeigt den Comic-Maler bei der Arbeit am Portrait selbst

 


Bild: l_ml_4.gif die Portraitskizze selbst

 


Bild: l_ml_6.gif eine weitere Portraitskizze

Bild: l_ml_5.gif Portrait und Landschaft im "Fenster" zerlegt als sukzessive Probleme

Bild: l_ml_7.gif nur das "Fenster" selbst, ohne Portrait

 

Dabei ist die Mona Lisa kein Blick durch das Fenster, wie ich mit Dürer vergleichen könnte, sie hat auch vom Bildaufbau nicht die "Fenster".

 


Bild: l_erf_6.gif "Der Mensch ist das Maß aller Dinge"- die innewohnende Proportionslehre können die Schüler kaum jemals begreifen, sie meiden alleine schon das nackte Abbild

Bild: l_ana_1.gif eine Überlieferung aus Leonardos Pflanzenstudien.

 

Darauf aufgebaut habe ich 3 Doppelstunden:


Bild: l_ana_2.jpg Zwiebeln, geschält, gebrochen, anschaulich präsentiert, zelebriert

Bild: l_ana_3.jpg ein längs aufgebrochenes Zwiebelstück

Bild: l_ana_4.jpg aufgeschnittene Zitronen, das Motiv ergab sich aus dem Unterrichtsgespräch und einer Tafelzeichnung

Bild: l_ana_5.jpg einige Bananen

Bild: l_ana_6.jpg ein Stillleben in Farbstift
 

Im Kunstunterricht entsteht mit dem Problem der Aktualisierung die Frage, wie man eine Aufgabenstellung in die Bildsprache von Schülern umsetzt. Ein bereits fest stehender Umstand der historischen Geschichte soll oft nachvollzogen werden, neu formuliert werden, sachlich kühl oder innerlich motivierend bewegt werden, um überhaupt jetzt oder künftig als Gegenstand der Erinnerung und Bearbeitung zur Verfügung zu stehen.

Bei Leonardo ist es reiner Nachvollzug. Er selbst hat ein überbordendes "Kinderzimmer" von Anwendungswissen, Brauchtum, Handwerk und Physik im Kenntnisstand der Renaissance vorgefunden, damit seine Fantasien gestaltet und weiterentwickelt.


Bild: l_art_1.jpg

Wer sich dem damaligen Zeitgeist öffnen möchte:
Macchiavelli für Manager, Insel Taschenbuch, ISBN 3-458-33433-5


durchgesehene Netzadressen:

http://www.die-mona-lisa.de/monalisa.htm
hier gibt es die Mona Lisa im Großformat

http://digilander.libero.it/debibliotheca/Arte/Leonardowork_file/page_01.htm
eine vorzügliche Seite für praktisch denkende Kollegen, dichte Bilder, die Seite lädt etwas langsam

Sonst: unter google.de gibt es im Netz 60.000 Einträge zu Leonardo


Literatur:
Zöllner Frank, Leonardo da Vinci, Taschen-Verlag, 150 Euro, ISBN 3-8228-5726-2, sehr großformatig...


Bemerkungen:

Ich bin als Lehrer sofort in die methodische Falle des ableitenden Denkens gegangen. Unsere Schüler können nur reproduktiv Dinge aufgreifen, die sie aus der Umgangswelt heraus kennen und von der Funktion nachvollziehen können oder bereits nachvollzogen haben. Insofern sind diese Dinge aber kein Problem mehr.

Die Schüler müssten in den flüssigen und geläufigen Kenntnisstand Leonardos versetzt werden, um seine Bildsprache besser zu verstehen und in der Form "fantastischer Erfindungen" weiterführen zu können.

Nach dem neuen Hauptschullehrplan (Entwurf 2004) Lz 7.2 GtB soll das Fahrrad durchgenommen werden.
Ich füge deshalb einige Blätter zur Mechanik an dieser Stelle bei; ich habe sie 1996 gezeichnet.


Bild: h7a1.gif Getriebe mit Luftdruck, mit Flüssigkeiten und das Hebelgetriebe

Bild: h7b1.gif Hebelwirkung am Lastkarren

Bild: h7b2.gif Kraftwirkung am Rädergetriebe

Bild: h7d2.gif verschiedene Rädergetriebe

Bild: h7e2.gif Konstruktion einer Nocke

Bild: h7f1.gif Nocke und Lastarm

Bild: h7g1.gif Nocke und gesteuerter Lastarm

Bild: h7h1.gif Winkelhebel, Langloch und Lastarm

Bild: h7i1.gif die Kurbelschwinge

Bild: h7k1.gif die Mehrgelenkkette


Bild: h7l1.gif Ich habe das Kurbelgetriebe einmal als Modell durchkonstruiert; wieviel unendlich schwerer tat sich Leonardo alleine schon mit der Schraube und ihren Anwendungen und Auslegungen!

Dies wäre Stoff genug für die Konstruktion und Gestaltung eines neuen Mechanik-Baukastens, nur für den Kunstunterricht.


eine nachbearbeitete Biographie Leonardo da Vinci:
(Quelle: http://www.monalisa.de/biographie-leonardo-da-vinci.htm)

Leonardo da Vinci wurde am 15. April 1452 in Vinci, ca. 30 km von Florenz entfernt, geboren.

Sein Vater, Ser Pietro da Vinci, war erfolgreicher und wohlhabender Notar, seine Mutter ein Bauernmädchen namens Caterina. Als unehelicher Sohn lebte Leonardo aber bei seinem Vater. Leonardos Vater, der natürlich wollte, dass sein Sohn Notar wird, konnte seinen Willen aber nicht durchsetzen. Zum einen, weil seinem Sohn die richtige Ausbildung fehlte (Leonardo ging nur kurz in die Volksschule, er konnte kaum lesen, schreiben und rechnen), zum anderen, weil uneheliche Kinder zu dieser Zeit nicht studieren durften.

1469 übersiedelte Leonardo mit seinem Vater nach Florenz, das im 15.Jh. das Zentrum Europas war, wo er eine Lehre in der Werkstatt des Bildhauers und Malers Andrea del Verrocchio (1435_1488) machte. Verrocchio bedeutet übersetzt ,,wahres Auge", ein Beiname, der dem Künstler wegen der großen Einfühlsamkeit, plastischen Prägnanz und perspektivischen Vielschichtigkeit seiner Werke verliehen worden war.
Als erste bekannte Arbeit Leonardos gilt der Engel in der unteren linken Ecke von Verrocchios Gemälde "Taufe Christi" (1472). Giorgio Versari (1511 -1474), dem wir durch sein Werk "Leben des ausgezeichnetsten Maler, Bildhauer und Baumeister" die meisten Fakten aus Leonardos Leben verdanken, berichtet, dass Verroccio, als er diese einmalige Plastizität und Vollkommenheit Leonardos Engels sah, schwor, nie wieder Farben anzufassen.

1472 Aufnahme in die Künstlergilde des Hl. Lukas

Als Leonardo 1472 in die Liste der Lukas-Gilde als Maler eingeschrieben wurde, musste er wenigstens 4 bis 6 Jahre die Malkunst gelernt haben. Bei Verrocchio fiel er dessem wichtigsten Mäzen, Lorenzo de Medici, auf, durch den er in den
erlauchten Kreis der Philosophen, Mathematiker und Künstler eingeführt wurde. Durch die Lukas-Gilde dürfte er Gelegenheit gehabt haben, seine anatomischen Kenntnisse in einem Krankenhaus, in dem die Gilde ihren Sitz hatte, zu vertiefen.

So werden die in den Details des Körperbaus herausragende Darstellung des Heiligen Hieronymus und seine Verkündigung auf diese Zeit datiert. Da überliefert ist, dass Leonardo ein überaus hübscher Junge war und einen großen
Teil seiner Jugend damit verbrachte, das Leben zu genießen und sich zu amüsieren, dürfte dies der Grund gewesen sein, warum er 1476 wegen Päderastie (Homosexualität mit jungen Knaben) angeklagt wurde; er wurde allerdings kurz darauf wegen mangelnder Beweise freigelassen.

Bis 1476 dürfte er in der Werkstatt Verrocchios gewesen sein. In diese Zeit fällt noch das Bild Madonna mit der Blumenvase.

1478 Auftrag für das Altarwerk für die Kapelle des Hl. Bernhard in der Signoria in Florenz Trotz einer ersten Bezahlung wird das Werk aber aus unbekannten Gründen nie abgeliefert.

1481 Anbetung der Könige
Die Anbetung der Könige ist Leonardos erste große Komposition. Eine Arbeit von 7 Monaten, die trotzdem unvollendet blieb. Vorausgegangen sind eine große Anzahl von Silberstiftzeichnungen von Pferden. Generell ist die Anbetung eine Ouvertüre zu Leonardos gesamten Schaffen, voll von Themen, die wieder auftreten werden.

1482 Umzug nach Mailand

1482 bewirbt sich Leonardo als Militäringenieur am Hofe der Sforza, wird dort zuerst als Musiker eingestellt, macht sich aber innerhalb kurzer Zeit einen Namen als Maler, Bildhauer, Architekt und Stadtplaner.
Schon früh begann Leonardo, Kriegsmaschinen zu zeichnen, und über einen Zeitraum von 5 Jahren vervollkommnen sich diese Konstruktionen am Hof von Ludovico Svorza. An dessen Hof beschäftigt sich Leonardo viel mit Studien der Anatomie, Astronomie, Botanik, Geologie und Geographie, erforschte den Flug der Vögel und arbeitete an seinen Erfindungen. Darüber hinaus erteilte ihm Ludovico den bedeutenden Auftrag, ein Reiterdenkmal zu Ehren seines Vaters, des Mailänder Großherzogs Francesco Sforza, zu schaffen. Nachdem er die Anatomie und Bewegungsabläufe von Pferden eingehend studiert hatte, entwarf er den Plan zu einem Denkmal. Nach mehr als einem Jahrzehnt der Arbeit an diesem Projekt konstruierte er schließlich ein Modell von mehr als 7 Meter Höhe, das, wenn es je errichtet worden wäre, mehr als 80 Tonnen flüssige Bronze benötigt hätte. Doch die Bronze wurde für Kanonenkugeln benötigt, um sich gegen die französischen Truppen zu wehren, die aber dennoch 1499 Mailand eroberten und Sforza ins Exil zwangen. Das Modell des Reiterstandbildes wurde dabei zerstört.

1483 Auftrag für die Felsgrottenmadonna
Die Felsgrottenmadonna ist ein Gemälde für den dafür vorgesehenen Hohlraum eines Altaraufsatzes. Sie gilt als Leonardos Meisterwerk aus seiner Frühzeit, denn sie ist Leonardos letztes Quattrocento-Bild.

Im Jahr 1485 schuf Leonardo die Benois-Madonna, für die es einige Vorstudien gibt, die eindeutig Leonardo zugeschrieben werden. An Ludovicas Hof übte Leonardo auch die Arbeit eines Hofporträtisten aus und porträtierte zwei von Ludovicas Geliebten, Lucrezia Crivelli und Cecilia Gallerani (dieses Bild halten viele Forscher für das Bild Dame mit einem Hermelin). Ein anderes Porträt aus dieser Zeit ist das Porträt eines Musikers, das ohne Hilfe seiner Schüler gemalt zu sein scheint.

Im Jahr 1490 sind zum ersten Mal zwei Schüler Leonardos erwähnt, Giovanni Antonio Boltraffio und Marco d'Oggiono. Ihnen werden weitere Porträts, u.a. LaBelle Ferronière zugeschrieben.
In die frühen Jahre von Leonardos Aufenthalt in Mailand gehört das erste der Notizbücher und Manuskripte, die für die Dauer seines weiteren Lebens umfassend über seine praktische und wissenschaftliche Tätigkeit berichten. Er begann, seine Notizen wie für einen Traktat niederzuschreiben. Das Ergebnis war das sogenannte ,,MS.B.", das v.a. Skizzen seiner Kriegsmaschinen, aber auch architektonische Versuche beinhaltet. Da Vinci untersuchte auch die Hydrostatik und die Hydrodynamik. So wollte er, als Pisa und Florenz politische Meinungsverschiedenheiten hatten, den Fluss Arno derart umleiten, dass dieser nicht länger in den Hafen von Pisa mündete.

Außerdem baute er auch Kanäle und Bewässerungsanlagen.

Die bedeutendste Sammlung ist der große Band mit Notizen und Zeichnungen in der Bibliothek Ambrosiana, bekannt unter dem Namen ,,Codex Atlanticus". Er enthält etwa 4000 Blätter, alle von Leonardos kleiner Handschrift bedeckt. Leonardo konstruierte nicht nur verschiedenste Maschinen, er wollte auch herausfinden, wie und warum sie so arbeiteten. Dies machte aus dem Techniker den Wissenschaftler Leonardo. Im Alter von 50 Jahren begann Leonardo, Latein zu lernen, das er aufgrund seiner lückenhaften Schulbildung kaum verstand. Zwei Handschriften belegen diesen Vorgang, eines davon ist das "MS. H." (1494), in dem er die zeitgenössische lateinische Grammatik und einen Teil des Wörterbuches kopierte. In diesen Skizzenblättern zeigt sich auch seine Liebe zur Allegorie, in denen er z.B. fabelartige Ereignisse der Naturgeschichte (Hermelin, Eidechse) illustrierte. Auch viele Grotesken und Karikaturen finden sich in diesen Blättern.
Im ,,MS. C" behandelt Leonardo Licht und Schatten (es zeigt z.B. eine lange Liste von Diagrammen, in denen er die Wirkung des Lichteinfalls auf Kugeln und Zylinder demonstriert), im "MS. E" Pflanzen und Bäume.

Leonardo fertigte auch Schriften zur Kunst und Anweisungen zur Malerei, einige mit der linken Hand rückwärts geschrieben, die vom Malen und den Methoden des Zeichnens und der Farbgebung handeln. Die Abschrift dieser Aufzeichnungen Leonardos ist als Trattato della Pittura bekannt, der aus acht Büchern und 936 Kapiteln besteht.

1495 Beginn des Letzten Abendmahls
Das Letzte Abendmahl gilt allgemein als der Höhepunkt Leonardos Karriere als Maler. Es wurde auf Anordnung Ludovico il Moros für das Refektorium des Dominikanerkonvents in Santa Maria delle Grazie in Mailand gemalt. Leonardo malte jedoch nicht al fresco, sondern verwendete ein Malmittel aus Öl und Firnis, so dass es nur sehr schlecht erhalten ist. Das Bild dürfte 1497 vollendet worden sein.

Von 1497 an arbeitete Leonardo zusammen mit Luca Pacioli, einem der führenden Mathematiker dieser Zeit, an dessen berühmten Werk der "Divina Proportione".

Im Dezember 1499 verließ Leonardo, nach der Einnahme Mailands durch die Franzosen, den Hof Sforzas, um über kurze Reisen nach Mantua und Venedig im April 1500 erneut nach Florenz zu gehen.

1501 erster Entwurf des Gemäldes Die Jungfrau und die Hl. Anna

1502 tritt Leonardo als oberster Militäringenieur in die Dienste des Oberbefehlshabers der päpstlichen Truppen, Cesare Borgia, ein. Im Zuge seiner Reisen fertigte er sechs Karten Mittelitaliens an und schuf Pläne für Stadtbefestigungen und Kanäle.

Nach seiner Rückkehr 1503 nach Florenz führte Leonardo ein Porträt völlig eigenhändig aus: die Mona Lisa La Gioconda oder Mona Lisa war die 3. Ehefrau des florentinischen Adeligen Francesco del Giocondo und wurde im wohl berühmtesten Gemälde aller Zeiten unsterblich.

In diese Zeit fallen auch Leonardos großartige Pflanzenstudien, mit roter Kreide auf präpariertem Papier gezeichnet, die als Vorstudien zu Leonardos Gemälde Leda mit dem Schwan gelten.

Gleichzeitig war Leonardo in dieser Zeit mit einigen seiner schwierigsten wissenschaftlichen Arbeiten beschäftigt, mit dem Thema des Fluges der Vögel. Um 1505 begann er, die Grundlagen des Fluges zu erforschen. Leonardo gilt als einer der ersten, der versuchte, Maschinen zu konstruieren, mit denen menschliche Wesen fliegen konnten.

Während seiner Zeit bei Cesare Borgia hatte sich Leonardo mit Machiavelli angefreundet, dem er nun einen großen Auftrag der Signoria von Florenz verdankte- ein großes Fresko im Palazzo Vecchio. Als Thema wählte er den Sieg der Florentiner über die Mailänder in der Schlacht von Anghiari. Er begann das Gemälde bereits 1503 und vollendete den Karton Ende 1504, aber Leonardo wählte für den Auftrag auf der Wand eine neue Methode, die im Resultat nicht erfolgreich war. Er malte im selben Raum wie Michelangelo, der zur selben Zeit die Schlacht bei Cascina malte, und dessen Aktfiguren spornten Leonardo zu vermehrten Aktstudien an.

1507 arbeitete Leonardo für den französischen König am Hofe Ludwigs XII.

1508 kehrte Leonardo nach Mailand zurück. Sein Hauptauftraggeber war Charles d'Amboise, Gouverneur von Mailand.

In diese Zeit fällt das "MS. F", das mit 1508 datiert ist und Notizen über Botanik, Geologie und Atmosphäre enthält. Blätter des "MS. G" befassen sich mit Licht, das auf Bäume fällt, und den verschiedenen Grün- und Blautönen von Bättern und Himmel.

Zwischen 1508 und 1510 dürfte Leonardo die Hl. Anna Selbdritt geschaffen haben. Dabei wandte er seine vielen geologischen Studien für den Hintergrund an; der Kopf dürfte von einem Schüler gemalt worden sein.

1511 starb Charles d'Amboise, und die Regierung ging über in die Hände von den Generälen Gaston de Foix und Gian Giacomo Trivulzio. Für letzteren begann Leonardo, ein Reiterdenkmal auszuführen, und seine Vorstudien ähneln denen für das Sforza-Denkmal. Das Denkmal selbst sollte jedoch in Stein sein. Besondere Bedeutung wurde dem Sockel beigemessen, der die Figur des Verstorbenen in einem Sarkophag und 8 weitere Figuren zieren sollten. Die Studien für das Trivulzio-Denkmal und in dieser Zeit entstandene Maskeradenkostüme dürften seine letzten Werke seine französischen Auftraggeber in Mailand sein. 1512 übernahmen Spanische, päpstliche Söldner und Venezianer die Stadt, und Dichter, Künstler und Gelehrte wanderten aus dem als Kulturzentrum verfallenden Mailand nach Rom ab. Im Jahr, bevor auch Leonardo Mailand verließ, fertigte er viele anatomische Studien an, die als "MS. A" gelten.
Dabei kooperierte er mit dem Arzt Marc Antonio della Torre, dem anscheinend größten Anatom seiner Zeit. Bis 1515 soll er 30 Männer und Frauenleichen heimlich zersägt und erforscht haben, und das in einer Ära, in der jeglicher Kontakt mit Toten als "teuflisch" bezeichnet wurde. Ein ganzes Notizbuch ist von etwa 1512 ist der Embryologie gewidmet, und Leonardo fertigte eine der wahrscheinlich ersten Zeichnungen eines Kindes im Mutterleib an.

Ende des Jahres 1512 traf Leonardo in Rom ein, wohin er sich wegen der berühmten Freigebigkeit Giovanni de Medicis angezogen fühlte, der zuvor Papst Leo X. geworden war. Leonardo dürfte es aber bald leid gewesen sein, sich mit den führenden Künstlern Italiens, die sich alle in Rom aufhielten (Raffael; Michelangelo, der durch seine Arbeiten in der Sixtinischen Kapelle uneingeschränkte Autorität hatte), auseinanderzusetzen, und zog sich in Einsamkeit zurück. Vom Papst bekam er auch nicht die erhoffte Unterstützung, denn dieser sagte einmal: ,,Dieser Mann wird nie etwas tun, denn er fängt an, über das Ende nachzudenken, bevor das Werk begonnen ist." Die halbherzige Unterstützung des Vatikans kam mit dem Tod seines Mäzens 1516 endgültig zu erliegen.
Eine Zeichnung eines alten bärtigen Mannes, die als sein einziges Selbstbildnis gilt, dürfte in dieser Zeit entstanden sein. Ihm stehen auf dem Blatt Studien von wirbelndem Wasser gegenüber, mit einer Notiz, in der die Bewegung des Wassers mit der von geflochtenem Haar verglichen wird. In dieser Zeit gab es viele Prophezeiungen einer kommenden Sintflut, und Leonardo beschäftigte sich mit dem Thema von Wasser bereits in Skizzen des ,,Ashburnham-Codex" von 1494 und zum letzten Mal im "MS. G".

1515 dürfte Leonardos letztes erhaltenes Bild entstanden sein, der Heilige Johannes, dem unter Leonardos Werken am meisten Abneigung entgegengebracht wird, aber das einflussreichste Bild war.

1516 nahm Leonardo eine Einladung des französischen Königs Franz I. an, von dem er einen Landsitz in Cloux bei Amboise bekam, wo er seine letzten Lebensjahre verbrachte. Offiziell galt er als "Maler, Architekt und Konstrukteur des Königs", seine Aufgabe bestand aber hauptsächlich darin, mit dem König zu philosophieren.
Für seine Zeichnungen aus dieser Zeit gibt es nur Spekulationen, denn es gibt keine datierten Werke oder Aufträge. Er dürfte aber auch stark eingeschränkt gewesen sein aufgrund eines Schlaganfalls, der zu Lähmungen seiner rechten Hand führte.

Leonardo da Vinci starb am 2. Mai 1519 im Alter von 67 Jahren im Schloss von Cloux. Seine Zeichnungen, Notizen und Schriften vermachte er seinem Schüler Francesco Melzi.

Das Leben Leonardo da Vincis ist immer noch voller Widersprüchlichkeiten und Lücken. Es ist schwer, ihn einzuordnen: Maler, Zeichner, Bildhauer, Architekt, Dichter, Musiker, Geologe, Anatom, Kartograph, Stadtplaner, Mathematiker, Physiker, Wissenschafter, Philosoph, Mediziner, Pädagoge oder Erfinder. Er war ein Mann, dessen Genie und unruhiger Geist ihn ständig fieberhaft von einem Arbeitsgebiet zum anderen trieb. Daher begann er auch vieles, was nicht vollendet wurde (Abendmahl, Schlacht von Anghiari oder das Reiterdenkmal).


Nachtrag:

Zusammenschreibung der Erfindungen Leonardos

Erfindung Panzerwagen mit Handkurbelantrieb,
Erfindung Panzerwagen mit Pferdeantrieb
Erfindung Sichelkampfwagen mit Pferdeantrieb
Erfindung Kettenglieder als Sturmleiter
Erfindung Seilsturmleiter mit Erdanker und Schiffsanker
Erfindung Mauerhaken als Steigleiter
Erfindung Hebel zum Abwerfen von Sturmleitern
Erfindung verschiebliche Behelfsbrücke
Verbesserung der Rasten eines Schleudergerätes
Verbesserung eines Katapultes ähnlich einer Armbrust
Erfindung eines Tretrades zum Schnellladen und Abfeuern von Armbrüsten
Verbesserung von Klappgeschossen mit Luftleitblechen
Erfindung eines konischen Gewindes für ein Hinterladergeschütz
Erfindung von Hohlkörpergeschossen
1487 Hebevorrichtung mit Flaschenzug für schwere Geschütze
Erfindung Schnellfeuergeschütz für Boote
Verbesserung von kleinen beweglichen Feldgeschützen
Verbesserung eines Orgelgeschützes mit kleinem Kaliber
Erfindung von Splittergranaten für Mörser
Erfindung einer Dampfkanone
Erfindung/ Verbesserung der Textilmechanik;, Verseilmaschine
Erfindung Zahnstangengetriebe
Erfindung einer Senkrechtbohrmaschine für Baumstämme im Rohrleitungsbau
Erfindung einer Waagerechtbohrmaschine für Baumstämme im Rohrleitungsbau
Erfindung einer Drehbank mit Pedalantrieb
Erfindung einer wassergetriebenen Walz-Ziehmaschine für Geschützteile
Erfindung eines doppelarmigen Krans für Steinbrüche
Erfindung eines hohen Kranes auf Laufkatzen
Erfindung einer Ausklinkvorrichtung zum Öffnen des Lasthakens
Verbesserung der Windmühle,
Erfindung von Leitschaufeln an Turbinenrädern
Erfindung des Spitzenrollenlagers
Erfindung der Zahnkette und des Zahnkettengetriebes
Erfindung des Kegelrad-Wechselgetriebes
Erfindung eines Vorlauf- Rücklaufgetriebes
Erfindung einer cardanischen Kompaßaufhängung für Schiffe
Erfindung einer Uhren- Drehradverlangsamung
Erfindung eines Bratenwende- Spießes mit Kaminabgasturbine
Verbesserung der archimedes' schen Schraube zur Wasserbeförderung
Erfindung eines Blasebalg- Druckluftturbinengetriebes
Kanalschleuse
Kanalschwimmbagger mit kurbelgetriebenen Dreharmen für die Baggerschaufel
Schwimmbagger für größere Tiefungen
Verbesserung des Taucheranzuges
Kurbelantrieb für ein Schiff mit Schaufelradantrieb
Vierradfahrzeuge mit Drehschemellenkung
Weg- Meßgetriebe
steuerbarer Dreiradwagen
mit Kettenantrieb (dazu: http://www.vanderplas.net/leonardo.htm, ein englischer Text)
Anatomie- Studien
Stallungen mit Futter von oben und Gülle nach unten in Kanäle
Erfindung Schwingenflugzeug 1487 mit Fußantrieb, 1486- 1490,
Erfindung Schwingenflugzeug mit Kopfsteuerung 1486- 1490 und Fußtreteantrieb,
Erfindung Schwingenflugzeug 1487 mit Fußantrieb und stehend tretenden Piloten
1486- 1490, Erfindung des Fallschirms
Erfindung eines Neigungsmessers
Erfindung des spiralförmigen Drehrotors Luftschraube
Erfindung eines Antriebsmechanismus für ein Schwingenflugzeug mit Bogensehnenantrieb

Reinhard von Tümpling, 2004