Unbekannt 2

von Reinhard von Tümpling

demgegenüber:

Ich habe mich in dieser Datei mit einem Unbekannten beschäftigt, der wirkt und Spuren hinterlassen hatte und ich nahm diese Aufgabe interessiert an, weil sie in ihrer inneren Qualität neu zu sein schien.

In den meisten Fällen, so denke ich zumindest, bewegen wir uns familiär im Feld vergleichbarer Dingen und Erfahrungen und nur ungern in anderen Bereichen. Darüber hinaus machen wir uns oft ein Bild, um Unbekanntes als annehmbar für uns zu machen und zu erleben.


Ich folgte gerne einer verbindlichen korrekten Einladung von Sophie, ich nenne sie einfach mal so und auch sonst hat der Name keine Bedeutung, es ist nur ein Name. Sehr oft haben die Menschen aber eine Art Botschaft an sich und bedienen sich der klassischen Mittel, um diese mitzuteilen.....

Der wesentliche Anlass für mein Interesse war, das wir etwas reales und sachliches miteinander machen konnten, das Bereich übergreifend und erfahrbar für mich war und das einen erheblichen Zugewinn auch für mich bedeutet hätte.

Ich besaß bereits Material und war etwas erfahren im Umgang damit.


Bild: Freudenberg_28.jpg
: die Karte, -es war machbar.

Sophie wusste, wozu sie mich einlud und es war auch für sie machbar. Wir stellten gemeinsam einen verbindlichen, einzuhaltenden und schlüssigen Konsens her. Ich besorgte Folien, Hüllen, Beleuchtung, Verkleidungen, ein Buch, mein eigenes persönliches Gepäck, meine Malsachen.... die Bildidee war klar.

Der Weg war kein Problem, er war leicht zu fahren, ich fuhr die letzten Kilometer langsamer, begann mich auf die veränderte Landschaft einzustellen und war bereit, mich zu freuen. Die Menschen mussten hier ganz anders sein, heiterer, gelassener, bei dieser Wärme wunderte ich mich nicht darüber. Hell und laut zwitschernde Vögel, kleine zweigeschossige Häuser, die Bausünden der neueren Vergangenheit konnten hier einfach wegen der Tradition nicht greifen und wären nutzlos gewesen. Die Weinberge flach gewölbt und sanft ansteigend; hin und wieder fielen einige Spargelfelder durch die weiße Folie auf, mit der man den wachsenden Spargel heranzog und die den Spargel schützte

Bild: Freudenberg_1.jpg: Geklopft, „Guten Tag“ gesagt, mich sehr gefreut und kurz mich umsehen dürfen.

Die SMS mit dem verwirrenden Spruch gezeigt; woher hatte der Absender meine Nummer? Er konnte nur aus dem System her selber kommen, und dann war es klar. Der Dienstleister war zu der Zeit in einen Skandal verwickelt und es war klar, dass dann untere Chargen dasselbe machten.

Dann ein kleiner Spaziergang auf einem leicht ansteigenden Weg und an dieser Stelle geht es zu den entfernter liegenden Weinbergen hinauf; der Weg streift eine bewaldete Schlucht mit altem heimeligem und kühlem Baumbestand... schief und schnell gewachsene Buchen... und man begreift als Tourist in etwa die Geologie.

Ich habe noch einmal meine Sache genau und real geschildert, was ich will, es beschrieben und es in seiner Entwicklung abgeleitet und anschaulich begründet. Es war weder falsch und unmöglich, geschweige denn unsittlich. Mit einigen Randgedanken die Kunstgeschichte gestreift, die Ausstellung der Sammlung Prinzhorn in Heidelberg kurz umrissen, Schizophrenie in der Kunst angedeutet mit der auflösenden bildnerischen Zerfaserung, einen früheren Prozess vor Augen gehabt, konstruktive Synästhesie als Ziel gemeint....


Bild: Freudenberg_2.jpg
: der versprochene Ausblick von unten in den Weinberg, am Ende des Spaziergangs.... aber es ergaben sich keine anderen und weiteren spielerischen Perspektiven.


Bild: Freudenberg_3.jpg
: der Blick aus dem Fenster ..., bereits beginnende abendliche und stille Melancholie, das Hotel im Ort.


Bild: Freudenberg_4.jpg
: der kleine Hartplatz vor dem Hotel, spät nachmittags. Beschnittene und austreibende Platanen..., in der Stille des offenen und hübschen Hotelzimmers zum Übernachten wurde ich mir bewusst, dass der Ort in einer Einflugschneise liegt. Am frühen Abend waren alle 5 – 10 Minuten Flugzeuge zu hören...

 

 


Bild: Freudenberg_5.jpg
:
das gemeinsame Abendessen wurde zu einem versprochenen Genuss.

Ich gebe hier das Rezept wieder.

  • Backpapier in eine Springform legen und gut hinein gefaltet ausstreichen
  • Einen fertigen dünn ausgerollten Fertigteig in eine Spring-Backform geben, an den Rändern hochwölben, mit kleinen Teigresten alles auslegen
  • ganze Spinatblätter kochen, abtropfen lassen im Sieb, hineinstreichen in die Teigmulde
  • Feingewürfelten Feta hineingeben über die Spinatmasse
  • Zwei Eier und Sahne und Gewürze gut verquirlen und über die Masse geben, den Boden unter der Kuchenform mit Backpapier auslegen
  • Etwa 15 – 20 Minuten überbacken bis zum Anbräunen
  • Mit dem Brotmesser teilen und wie Kuchenstücke servieren, dazu einen Weisswein.

 

Ein dürrer Anruf von außen....

Sophia sagte „Nein“ zu dem, um das ich sie bat. „Ich kann das nicht“.

Ich saß einige Zeit wie gelähmt da und brauchte etwas, um mich zu erholen. Fand mühsam wieder zu mir.

Es war nicht zu ändern.

„Was gibst du mir dann mit?“

Sie ging hinüber ins andere Zimmer und kam mit einem Taschenbuch wieder.

Ich nahm das Buch.

  • Penelope Lively, Hinter dem Weizenfeld, dtv, ISBN-Nr. 3-423-12515-2.

Ich möchte es hier auch nach außen empfehlen; ich habe es in drei Zügen durchgelesen und war überrascht. Die Sprachfolie auf einer unterkühlten Betrachterebene erinnerte mich an Seifenopern, wenn es nicht zu bitter gewesen wäre, mit welcher Genauigkeit und nachgefühlten Detailtreue eine junge Mutter den schleichenden Verlust ihres oberflächlichen Ehemanns und dessen Untreue schildert. Aber... wie weit musste sich wegen des Kindes eine junge Mutter von ihrem Ehemann bereits entfernt haben, um ihren hin und her reisenden Mann so betrachten zu können? Kann eine junge Mutter so leidenschaftlos schreiben?

Mit dem Rückgriff auf eine kalte Betrachterebene? Aber eine alte Frau einer jungen ihre Erfahrungen andichten und mitgeben.... mich schauderte es zuletzt.


das Hotelzimmer......

Links:

Ich fand mühsam die Fassung wieder und musste mich an Schloss Freudenberg erinnern.
Es gab noch ein Ziel.

http://de.youtube.com/watch?v=p5CrS1 FTNGU die Verzerrung: Olli Dittrich und Anke Engelke

 

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Bei Schloss Freudenberg in einem hoch gelegenen Teil Wiesbadens kann man an der oberen Mauer sehr schön parken und der Baumbestand fällt angenehm auf. Die Traufe ist am Weg nicht weit ausgeschnitten und sehr hohe Bäume säumen den schattigen Weg hinein zm Schloss.

Ein weiter herrschaftlich befreiender Platz öffnet sich und eine hohe Treppe führt hinein.

 


Bild: Freudenberg_29.jpg
:


Bild: Freudenberg_30.jpg
: die Einbindung in die Landschaft

Ich war überrascht........., und beschloss, es unbefangen zu sehen und zu erleben.

Links:


Bild: Freudenberg_7.jpg
:
der Durchblick ins Freie nach Südosten hinaus, die bronzenen Wasserschalen im Vordergrund.
Man kann sich mit blanken Füßen hineinstellen und wenn jemand mit nassen Hände an den Griffen reibt, beginnt die Schale zu summen und zu klingen, das Wasser perlt hoch hervor und ein eigenartiges Gefühl durchströmt den ganzen Körper....

 

....der Durchblick zum anderen Raum hin auf optische Phänomene und Drehscheiben...., eine Spur „OpArt“, eine Art Kugellauf-Labyrinth

 


Bild: Freudenberg_8.jpg
:
der Ausblick von der freien Schlossterrasse mit Cafe
auf den Garten mit seinen Kletter- und Turnbäumen,
die soziale Gleichgewichtsschaukel im Vordergrund.....


Bild: Freudenberg_13.jpg
:
die Blechfässer an der Decke beginnen zu tönen,
wenn man unten die Eisenstange mit dem Gummikammer anschlägt
und der Draht überträgt die Schwingungen an die Resonanzkörper


Bild: Freudenberg_14.jpg
: viele herabhängende Glasprismen laden
zum Durchsehen und Betrachten der verwirrenden Bildzeichenwand ein.


Bild: Freudenberg_15.jpg
:
die tiefen und dunklen Krüge zum Erfühlen der darinnen liegenden Gegenstände,
sie sind dunkel genug um die Gegenstände nicht zu erkennen.


Bild: Freudenberg_16.jpg
: das Faden-Aufnehmespiel


Bild: Freudenberg_17.jpg
: noch einmal fasziniert zugesehen


Bild: Freudenberg_18.jpg
:
Strömungsversuche mit rieselndem farbigem Sand in einer Drehscheibe


Bild: Freudenberg_19.jpg
:
das Pendelparallelogramm mit einem Zeichenstift zum Zeichnen von Pendelfiguren


Bild: Freudenberg_20.jpg
:
die Duftbar zum Pumpen und Schnuppern von Gerüchen


Bild: Freudenberg_21.jpg
:
Strömungsversuche mit farbigem Wasser werden sichtbar


Bild: Freudenberg_22.jpg
:
die Platte etwas ruhiger bewegt ...


Bild: Freudenberg_23.jpg
:
fahrbare Klangkörper mit nur einer Saite....., man kann die Rollwagen verschieben und hat dann durch den niedergehaltenen Bundstab eine andere Saitenlänge, die zu den anderen Saiten in zwangsweiser Beziehung steht und es können sehr schöne Erfahrungen gemacht werden.


Bild: Freudenberg_24.jpg
:
lustige Gleichgewichtsübungen auf einer oder mehreren Kugelschalen


Bild: Freudenberg_25.jpg
:
das übergroße Brennglas gibt anschaulich und für geduldige Menschen wieder,
wie heiss das Sonnenlicht sein kann....


Bild: Freudenberg_26.jpg
: der heitere Anblick aufs Schloss


Bild: Freudenberg_27.jpg
: der Anblick auf den Garten hinaus.....die verketteten Schaukeln, wippende Liegestühle, hinten nach Südwesten hin eine Feuerstätte unter einem Sonnensegeldach - man kann Getreide mahlen und Brot backen. Oder auch bei einem Schnitzer zuschauen, der Kerbhölzer bearbeitet.....

 

Ich habe den knallroten Omnibus von Joseph Beuys zur direkten Demokratie mit Verblüffung wiederentdeckt, abgeschattet unter Bäumen, der nun als Bienenstock dient...., aber immerhin kann nun dessen Gedanke hier ruhen... , wenngleich Beuys auch als Teil der Kunstgeschichte dokumentiert ist....

Ein weiterer abgedunkelter Gang im Erdgeschoss lud zur Raumwahrnehmung ein...tiefer unten schimmerte Wasser und Lampen durch dieses hindurch und leuchteten fahl hinauf.

Ein besonderer Raum befindet sich im Erdgeschoss. Hier hängen messingfarbene Gongs an den Rändern des Raums verteilt und nach Voranmeldung können hier Klangerfahrungen in der Gruppe gemacht werden. Der besondere Kursraum darf nur mit Filzpantoffeln z.B. für Seminare betreten werden.

Das Schloss selbst wird außen von dichtem Baumgewuchs umgeben. Weiter draußen, nach Südwesten hin, ist der sanfte Hang gerodet und ein großes Labyrinth kann begangen werden.

Eine Besonderheit ist auch das Nachtmahl.
Hier können Besucher eine mehrstündige Geschmacksreise in totaler Finsternis erleben. Das mehrgängige Mahl umfasst viele kulinarische und vegetarische Köstlichkeiten. Allein nur durch Hören, Tasten, Fühlen und Schmecken kann ausprobiert und erraten werden, was da so alles in den Mund kommt. Das Nachtmahl findet jedes Wochenende statt und kostet 55,- Euro. Um Voranmeldung wird gebeten.

Ich habe das hoch gelegene Schloss Freudenberg in Wiesbaden mit einem heiteren, leichtherzigen und guten Gefühl verlassen. Es ist eine Reise wert.


Unter bekannten Kriterien sollte ich diese Datei einordnen bei:

9.2 Empfindungen anschaulich machen: Stimmungsbilder

Musik und Sprache, Geräusche und Tasterlebnisse, aber auch abstrakte Begriffe können Empfindungen und Vorstellungen wecken und zu bildnerischen Entsprechungen anregen. In eigenen Bildkompositionen sollen die Schüler versuchen, auf nicht-visuelle Reize einfühlend zu reagieren und ihre Stimmungen oder Träume sichtbar zu machen. Dazu werden die Ausdruckswerte der Gestaltungsmittel bedacht 9.6 und auch Möglichkeiten symbolhafter Veranschaulichung erkundet. Die Arbeitsergebnisse und Kunstwerke regen zu Gesprächen an, in denen die Schüler ihre Empfindungen austauschen. KR 9.2.1, D 9.2.1, Mu 9.4.3

Freie Versuche, nicht-visuelle Reize in Formen, Farben und Bewegungsspuren umzusetzen; Erfinden einer Bildkomposition zu "Stichworten" wie Frühling, Schweben, Trauer, Aggression, Harmonie; bewusstes Verwenden von Farbe und Form als Stimmungsträger; Schülerergebnisse, Kunstwerke;

Überprüfen der Wirkungen im Gespräch, z. B. nach dem Stimmungsgehalt, den Ausdruckswerten von Farbe und Form und ggf. der Bedeutung von Zeichen und Symbolen

9.3 Künstler gehen neue Wege: Tendenzen der Gegenwart

Künstler haben nach dem 2. Weltkrieg eine Vielfalt neuer Ausdrucksformen entwickelt, mit denen sie die traditionellen Gattungsgrenzen der Malerei, Grafik und Plastik überschreiten. Auf neuen Wegen knüpfen sie Verbindungen zur darstellenden Kunst, zu Musik und Tanz, gestalten begehbare Räume mit farbigem Licht und Klängen, setzen sie Zeichen im öffentlichen Raum, verpacken Gebäude, zelebrieren sonderbare Rituale und inszenieren Ereignisse, mit denen sie die Zuschauer auf neue Weise ansprechen, sie provozieren, ihre Wahrnehmung erweitern, sie zur Stellungnahme auffordern oder als Mitwirkende einbeziehen wollen. In der Begegnung mit ungewohnten Ausdrucksformen zeitgenössischen Kunstschaffens (z. B. Pop Art, Happening, Performance, Concept Art, Land Art, Installation, Kinetik) gewinnen die Schüler Einblick in die Absichten der Künstler und die Wirkung ihrer Arbeiten und sollen die Bereitschaft entwickeln, sich interessiert und offen mit dem Ungewohnten auseinander zu setzen. Mu 9.1.4, KR 9.2.1, Ev 9.2.1, WTG 9.8

Betrachten: Zwei bis drei Werke der Gegenwartskunst, z. B.: Christo (Running Fence, Berliner Reichstag); Hundertwasser (Architektur); Dan Flavin (Lichtobjekte); Heinz Mack (Sahara-Projekt, Antarktis-Projekt)

Möglichkeiten der praktischen Weiterführung und Vertiefung, z. B.: Collagen als Spiel mit Bedeutungen Mobiles (Calder) oder andere kinetische Objekte, z. B. mit Motorantrieb (Tinguely), Assemblage aus "Fundstücken"



Eine etwas ratlose Linksuche zum Sinn der Überlagerung :

Die Dinge des Lebens sind oft überlagert und zu gleichzeitig. Ein stiller Museumsbesuch kann die Sicht der Dinge klären helfen. Ein Rückgriff auf das metaphernreiche Goethe’sche naturwissenschaftliche Bild und das Verständnis der damaligen Sprache kann helfen, Dinge anders zu sehen.

Ich bin zur Ansicht gekommen, dass wir uns im Alltag sehr oft sehr konzentrieren müssen. Oft aber ist ein erweiterter Blick notwendig. Wir müssen oft zu etwas „Nein“ sagen, das wesensfremd ist oder uns nicht liegt und werden dennoch auch z.B. in der Werbung mit Ansichten und Mehrdeutigkeiten überhäuft, deren Kern nicht klar zu erkennen ist. Ich kann diese Eindrücke in den Medien ablehnen und betrachten, als seien es Dinge. Diese Denkweisen sind im kulturellen Kontext erlernt.

Die Tragik liegt dann darin, letztlich auch Menschen wie Zusammenhang gebundene Dinge zu betrachten, derer man sich gleich einem Symbolwert entledigt.

Ich besitze nun ein Kuvert mit beweisenden CDs, Briefen und anderes aus Sophies Anwesenheit und Hand, lege es in die Schublade und schließe sie. Es kann sein, dass ich mich an Sophie erinnern werde.

 

Reinhard von Tümpling, im Juni 2008

 

Nachtrag:


aus der Fundgrube eines Schuttabladeplatzes der Zeit angespült; herrenloses Strandgut


Gedanken zum sozialen Eigentum an sinnlichen Erfahrungswerten....