Montage - Retusche
eine Unterrichtseinheit für den Grundkurs Foto/Film/Video
 

von Uli Schuster

Fotoretusche und Fotomontage sind in der Schulfotografie der Ausnahmefall gewesen solange sie mit Spitzpinsel und Eiweißlasurfarben oder auch im Sandwitchverfahren durch Überlagerung zweier Negative ausgeführt werden mussten. Die digitale Fotografie schlägt in diesem Gebiet eine Brücke in neue Dimensionen der Bildbearbeitung. Aufgabenstellungen für Gymnasiasten können nicht davon ausgehen, dass ein Programm zur Bildbearbeitung von den Schülern beherrscht wird oder auch in seinem Umfang gelehrt werden könnte. Ein praktikabler und mehrfach erprobter Weg scheint mir darin gegeben, dass man begrenzte Aufgaben stellt, die jeweils mit einem überschaubaren Satz von Werkzeugen lösbar sind. 
Die hier vorgestellte Aufgabe hatte zum Ziel die Verschmelzung zweier Ausgangsbilder. Wie man das von zahllosen Beispielen aus dem Gebiet der Gebrauchsgrafik kennt, sollte einem Gesicht (Schüler fotografierten sich gegenseitig) eine neue Textur unterlegt werden. Eine Auswahl von Texturen erzeugten wir selbst durch Nahaufnahmen von Baumrinden, Holzoberflächen, Textilien, behaarten Beinen, polierten Marmorplatten etc...
Aus einer vorangegangenen Aufgabenstellung war den Schülern die Arbeit mit Ebenen, die Ausschneidewerkzeuge und die Möglichkeiten der Transformation (skalieren, verzerren, drehen) bekannt. Zum Einstieg in die neue Aufgabe wurden die Werkzeuge Radiergummi, Abwedler und Stempel in ihrer Funktionsweise am unten stehenden Beispiel demonstriert.
Überlagern zweier Bilder
Wenn man es für notwendig hält stellt man der Aufgabe  einige Überlegungen zum Begriff der Metamorphose voraus. Für das Zwischenreich von Mensch und Tier, Mensch und Pflanze gibt es in der Literatur, der bildenden Kunst oder im Film zahllose Beispiele, vom Mythos "Apoll & Daphne" bis hin zur Sphinx oder der Vorstellung vom Werwolf.
Zwei Bilder werden in Photoshop geladen. Durch <ausschneiden> und <einfügen> legt man sie auf einer Arbeitsfläche übereinander und stellt im Ebenenfenster das oben liegende transparent.
Korrekturen
Der Richtungsverlauf der neuen Textur korrespondiert mehr oder weniger gut mit den Gegebenheiten des darüber liegenden Gesichts. In den meisten Fällen wird die Textur das Gesichtsrelief verflachen. Durch die Transparenz büßt das Gesicht an Kontrast ein. Die notwendige Retusche soll diese Defizite beheben. Ein erster Schritt kann darin bestehen, dass man beim Übereinanderlegen der beiden Folien formale Korrespondenzen feststellt, wenn man durch Verschieben oder Drehen der beiden Ebenen gemeinsame Linien oder Flecken zur Deckung bringt.
Augen, Nase, Mund und Ohr wurden in diesem Beispiel jeweils als Ausschnitte noch einmal der Gesichtsebene transparent überlagert, um dem oben beschriebenen Verblassen entgegen zu wirken. Ein sorgfältiges Aufweichen und Radieren der scharfen Schnittkanten dieser Einzelteile schafft die optische Integration der Elemente. Wo Linien der Textur beispielsweise am Nasenrücken oder am Kopfumriss räumlich unterschiedliche Ebenen flach übergreifen muss mit dem Stempelwerkzeug für einen Abbruch des Lineaments gesorgt werden um den räumlichen Eindruck nicht zu stören.
Die Ein anderer Versuch, das Rissmuster der Baumrinde den Wölbungen von Wangen, Kinn, Nasenrücken, oder auch den Vertiefungen der Augenhöhlen anzupassen, könnte mit dem Filter <Verzerren/Distorsion> unternommen werden. Die zu wölbenden Bereiche wurden selektiert mit dem "Polygon-Lasso". der Filter erlaubt eine prozentuale Einstellung konvexer wie konkaver Verformung ohne die Grenzlinien des selektierten Bereichs gebrochen zu hinterlassen. Im Ergebnis sind die Wölbungen nun doch deutlicher wahrzunehmen.
Schülerarbeiten
Die Schüler dieses Grundkurses fanden sich in der Mehrzahl mit der Arbeit im Programm Photoshop gut zurecht ohne dass sie in besonderer Weise darauf vorbereitet gewesen wären. Zwei Doppelstunden reichten gut aus um die Anwendung der wenigen Werkzeuge in einer Demonstration am Beamer zu erklären und attraktive Ergebnisse zu erzielen.
Texturen
Der Begriff "Textur" ist vielen Kunsterziehern fremd. Sie bennenen dieselbe Sache gerne mit der Universale "Struktur", die für viel gleichzeitig herhalten muss. 3-D-Grafikprogramme müssen unterscheiden zwischen der räumlichen- oder flächigen Struktur von Bildern, die sie als Gitternetz darstellen und den Oberflächen der Strukturgitter, die mit Texturen verkleidet werden können. Diese Unterscheidung sollte der Kunsterzieher auch treffen, um zwei sehr verschiedene Dinge auch mit verschiedenen Begriffen unterscheiden zu können. Die Textur entfaltet das Phänomen der Stofflichkeit und damit die sichtbare Oberfläche der Dinge. Struktur verweist auf Objektqualitäten, die unter der Oberfläche liegen und durch Zeichnung sichtbar bgemacht werden können, wie Proportion, Gliederung, Bewegungsapparat, räumlicher Aufbau (Tektonik) oder Gewichtverteilung (Statik). Eine Sammlung von Texturen kann man leicht in einem Fotokurs erstellen lassen mit Oberflächen, die zu Hause oder rings um die Schule zu finden sind.