Elfmeter
- "Toor!!"
eine Unterrichtseinheit zum Gestaltungsproblem der räumlichen Tiefenstaffelung für die 6. Jahrgangsstufe von Uli Schuster |
In dieser Aufgabe befassen sich Schüler der Unterstufe mit einem Raumproblem im Vorfeld perspektivisch-geometrischer Konstruktion. Sie lernen einerseits Bilder der Kunstgeschichte in ihrem räumlichen Aufbau zu begreifen, erfahren die Tiefenstaffelung als ein Kompositionsprinzip, mit dessen Hilfe sich ein Bildgeschehen dramaturgisch komponieren lässt und üben dieses Kompositionsprinzip mit einem eigenen Beispiel zum Thema "Elfmeter " ein. |
Lehrplanbezug: | Ausdrucksvoll ins Bild gesetzt |
Material: | Zeichenblatt DIN A3 für das Bild, Buntstifte, Wasserfarben, diverse Pinsel evtl. selbst gemachte Stempel. |
Zeit: | 4-6 Unterrichtsstunden |
![]() ![]() Titel: "Brook Watson
and the Shark" von 1778; Öl / Leinwand, 182 x 230 cm; National Gallery
of Art, Washington
Mit Hilfe farblich
markierter Bereiche verdeutliche ich die Gliederung des Geschehens. Der
Vordergrund zeigt den Angriff eines Haifischs auf einen Schwimmer. Nackt
und schutzlos liegt der Schwimmer auf dem Rücken im Wasser und versucht
mit ausgestreckter Hand das nahe Boot und die Retter zu ergreifen. Offenbar
ahnt er die Gefahr, die sich hinter ihm in Gestalt eines riesigen Hais
mit geöffnetem Maul nähert. Das Drama wird auch dadurch spektakulär,
dass der Schwimmer den Hai nicht sehen kann.
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Raumdarstellung
- Bildgründe
In vielen Bildern können wir eine Gliederung der Raumtiefe in drei Zonen = Bildgründen vorfinden. Der Vordergrund
ist dem Betrachter nahe und bietet ihm oft einen Eintritt ins Bildgeschehen.
Der Vordergrund liegt immer unten im Bildfeld, der Hintergrund schließt z.B. mit dem Himmel oben am Bildrand ab. Die Bildgründe sind also meist in sich überlappenden Streifen von unten nach oben auf der Bildfläche verteilt. Bei den Landschaften von Pieter Bruegel (“Heimkehr der Jäger”, “Winterlandschaft mit Vogelfalle” und “Ernte”) führt jeweils ein Weg von links unten nach rechts oben ins Bild. Der Maler gibt damit dem Betrachter eine Art Leseanleitung für die Bildhandlung. Auch in unseren eigenen Bildern verwenden wir oft diesen räumlichen Aufbau. |
Weil gerade
einmal wieder Fußball aktuell war und ein Spiel hochdramatisch durch
Elfmeterschießen entschieden wurde, konnte die Aufgabe an dieses
aus dem Fernsehen bekannte Bild anknüpfen und die Gestaltungsprinzipien
der vorher betrachteten Bilder auf ein neues Motiv und eine etwas veränderte
Raumsicht transferieren: Die Kamera (der Betrachter) steht im Rücken
des Schützen, der den Vordergrund
besetzt. Die Situation gewinnt an Spannung und Dynamik, wenn er den Ball
bereits getreten hat. Ihm gegenüber im Mittelgrund
lauert der Torwart oder fliegt er bereits dem Ball entgegen. Zwischen beiden,
etwas an den Rand versetzt, steht der Schiedsrichter, der sowohl das Signal
gibt, wie das Ergebnis beurteilt.
Hinter dem Tor baut sich die Kulisse der Fans auf, die erste Reihe halb verdeckt hinter der Bandenwerbung. Fotografen und Fernsehteams können die Situation im Hintergrund noch bereichern. ![]() Um die Größenbeziehung zwischen dem Torschützen und dem Torwart entwickelte sich später eine angeregte Diskussion. Weil der Beamer schon aufgebaut war und eine Kamera immer bereit liegt, konnte eine vergleichbare Größenrelation schnell im Zeichensaal simuliert werden. Das hat die meisten Schüler doch erheblich überrascht. Dabei war die Distanz im Klassenraum noch deutlich unter den 11 Metern, die beim Fußball notwendig wären. Die Schüler hat diese Art der Beweisführung zwar beeindruckt, aber bei ihren Bildern haben sie die hier gezeigten Proportionen ebenso außer Acht gelassen, wie sie die fotografische Sicht aus der Augenhöhe der Kontrahenden wenig interessierte. Die meisten wählten einen hohen Blickpunkt, wie etwa aus Zuschauerperspektive im Stadion oder mit dem Kran einer Fernsehkamera aufgenommen. |
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Das Publikum im Hintergrund bereitete einigen Schülern großes Mißvergnügen, weil die Formen von Gestalten und Köpfen sich endlos wiederholen. Ich empfahl diesen Schülern mit Stempeln zu arbeiten. Ein Fingerprint könnte schon als Kopf herhalten. Das hätte auch noch den Vorteil, dass man an der Hand unterschiedlich große Finger hat, womit sich die Staffelung in die Tiefe der Tribüne gut erzeugen ließe. Die Mehrheit in dieser Klasse erwies sich als einigermaßen belehrungsresistent und was ich ihnen nicht direkt und überzeugend vormachte, das haben sie auch nicht gern selbst ausprobiert. |
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![]() ![]() Die Zeichnung mit den Schlittschuhläufern hingegen liefert das vom Lehrer offenbar unbeeinflusste Konzept einer Reihung und Streuung. Das ist ein typisches Kompositionsprinzip bei Kindern im Alter zwischen 8 und 12 Jahren |