Zwei
Prinzessinnen
Überlegungen und Übungen zur Betrachtung von Plastik in der Oberstufe am Beispiel von Johann Gottfried Schadows Doppelbildnis von 1795-97, der Schwestern Luise und Friederike von Preußen von Uli Schuster |
„Gegen Abend war uns, mir aber besonders, ein liebenswürdiges
Schauspiel bereitet: die Prinzessinnen von Mecklenburg hatten im Hauptquartier
zu Bodenheim bei Ihro Majestät gespeist, und besuchten nach Tafel
das Lager. Ich heftelte mich in mein Zelt ein und durfte so die hohen Herrschaften,
welche unmittelbar davor ganz vertraulich auf und nieder gingen, aufs genaueste
beobachten. Und wirklich konnte man in diesem Kriegsgetümmel die beiden
jungen Damen für himmlische Erscheinungen halten, deren Eindruck auch
mir niemals verlöschen wird.“
(Goethe am 29. Mai 1793, zitiert in Stuttgarter Mappe, Bd 36 von 1988) Die von der Allgemeinheit geteilte Bewunderung für die "himmlischen Erscheinungen" erreichte einen Höhepunkt, als im Dezember des Jahres 1793 kurz nacheinander zwei Hochzeiten stattfanden. Die 18-jährige Prinzessin Luise von Mecklenburg-Strelitz heiratete den Kronprinzen von Preußen, Friedrich Wilhelm (III.) und die 16-jährige Friederike dessen jüngeren Bruder Louis. Das gab vielleicht den Anstoß für Joh. Gottfried Schadow, diese Plastik der beiden Schwestern zu schaffen. |
Was können Schüler leisten bei der Beschreibung, Untersuchung und Interpretation von Plastik? Wozu soll man sie im Unterricht anleiten? Handelt es sich da um ein lehrbares Stoffgebiet, oder greift hier in erster Linie Intuition? Worin besteht der rationale Kern solcher Aufgabenstellungen und verspricht ein methodisches Vorgehen Kompetenzen, die über den Zweck einer fachlichen Qualifikation hinausreichen? Die nachstehende Auseinandersetzung mit einer klassizistisch-romantischen Plastik probiert Antworten auf solche Fragen zu geben. |
Eine
häufig formulierte Aufgabenstellung beim Betrachten von Kunstwerken
lautet: "Schildere Deinen ersten Eindruck". Im Zusammenhang mit Prüfungsaufgaben
ist diese Frage eine rhetorische Wendung. Der erste Eindruck eines Prüflings
könnte ehrlich gesagt etwa so lauten: "So
ein Mist, ist dem Lehrer wieder nix Blöderes eingefallen, als uns
diese langweiligen versteinerten Ziegen aufs Auge zu drücken?"
So ist das mit dem "Ersten Eindruck" nicht gemeint. Gemeint ist eine unvoreingenommene, erste Annäherung an das Kunstwerk durch Formulieren eines in der Wortwahl subjektiven, durchaus gefühlsbetonten, am Augenschein orientierten Text, für den sich etwa folgende Leitfragen formulieren lassen:
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Zwei Mädchen, so eng aneinander geschmiegt, dass ich sie wie eine Einheit empfinde. Erst auf den zweiten Blick erschließen sich mir nach und nach die Unterschiede in Größe Haltung und Gebärde und damit auch der bezeichneten Charaktere. Was sie zusammenhält ist eher die umklammernde Geste, die mir vorkommt, als hätte der Bildhauer die beiden aufgefordert, für einen Moment einmal als ein Herz und eine Seele zu posieren. Das erinnert mich an ein Foto aus meiner Kindheit, auf dem meine große Schwester mich vierjährigen Knirps wie beschützend in den Arm genommen hat. Ich glaube, das hat sie nicht oft getan, meistens haben wir wohl gestritten, aber wir wussten instinktiv, was wir dem Fotografen in dieser Situation schuldig waren. |
Die zwei jungen Damen sind nicht schlecht herausgeputzt. Die Zofe hat sich sichtlich viel Mühe gegeben, hat die langen Haare ordentlich in der Mitte gescheitelt und wie zufällig nach hinten gebunden; bei der Größeren mit Hilfe eines Tuchs, das auch den Kopf so hebt, wie es sich für eine Prinzessin gehört. Ein wenig an Fasching erinnern mich die langen Gewänder. Nicht dass sie improvisiert wirken, wie umgearbeitete Bettücher, sondern eher sorgfältig geschneidert, wie aus dem Theaterfundus oder Kostümverleih. Ein Kinderfoto meines Vaters kommt mir in den Sinn, wo Oma den vielleicht 5 jährigen wie ein Mädchen frisiert und in ein Matrosenkostüm gesteckt hat. Der Fotograf hat ihn im Atelier neben einen Blumenkübel gestellt und ihm eine Peitsche in die Hand gedrückt, damit die Hände nicht so leer herumhängen. „Jetzt aber lächeln“ hat er dann vermutlich gesagt, bevor er die Klappe auf dem Objektiv weggenommen hat. Wie lange der Bildhauer wohl gebraucht hat, bis die traute Pose der beiden Mädchen saß, die so natürlich wirken soll und mir dabei so perfekt austariert scheint? |
Prinzessinnen
in zivil? Wenn ich mir zeitgenössische oder ältere Bilder von
Prinzessinnen in Erinnerung rufe, dann fehlen mir an Schadows Versteinerungen
irgendwie doch die Insignien höfischer Würde. Etwa auf Goyas
Familienbild von Carlos IV, das um 1800 entstand, nur ein paar Jahre nach
den "Schwestern", ist der Aufwand an Schmuck und teueren Stoffen doch erheblich
höher. Ein Krönchen wäre das mindeste, was man erwarten
kann. Schadow wird sich schon etwas gedacht haben, wenn er darauf vertraut,
dass die beiden Mädchen allein durch ihre edlen, fein gezeichneten
Gesichter, ihre stolze Haltung und Gewänder, die sie in die Rolle
antiker Koren versetzt, schon hinreichend geadelt sind. Zwei Mädchen
im heiratsfähigen Alter lassen mich auch an eine Heiratsanzeige, in
Stein gemeisselt, denken. Frauengewänder gegen Ende des 18. Jhs habe
ich als körperbetont in Erinnerung. Madame Tallien, oder Josephine
Beauharnais waren die Trendsetter. Der Ausschnitt lag tief, enthüllte
freimütig das, was man „Quell der Mutterschaft“ nannte, und die Taille
war bis zur Brust hochgezogen. Die Stoffe oft spinnwebzart und transparent,
dass sie vom Körper mehr zeigen als sie hinter vielen Falten verbergen
konnten. Korsetts und Unterkleider trug man nicht mehr.
Schadow hält sich da noch maßvoll zurück, insbesondere bei der Jüngeren der Beiden. Aber vielleicht musste eine Frau auch erst verheiratet sein, um wie Paolina Borghese als Liebesgöttin Venus vom Bildhauer (Canova) dargestellt werden zu dürfen. Luise hat das von Schadow gegebene Versprechen auf reiche Mutterschaft gehalten. Sie schenkte dem König zehn Kinder. |
Der "Erste Eindruck"
sollte
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Im Gegensatz zur Analyse, die zergliedert,
hat die Beschreibung zunächst die Gesamterscheinung im Auge. Sie ist
deskriptiv, sachlich, vermeidet Ausdeutungen, Bewertungen.
Der Text wird in der 3. Person verfasst und benützt viele Adjektive. Schildern bedeutet „in Worten nachzeichnen“ . |
Redigiere den Text so, dass er nach
unseren Kriterien als „Beschreibung“ durchgehen kann.
Empfohlenes Vorgehen: Mit einem Marker die rein beschreibenden Passagen kennzeichnen. Erweiterung: Kennzeichne die interpretierenden Passagen in einer anderen Farbe. Die weiße
Marmorskulptur steht erhöht auf einem Block aus grauem Marmor, dessen
Vorderseite zwei von Rosenkränzen gerahmte Tafeln trägt, die
Name und Stand der Prinzessinnen verzeichnen. Die knapp bemessene Plinthe,
auf der die beiden Figuren stehen, trägt die Inschrift „ann. XI. regn.
Frid. Guill. II.” – im 11. Regierungsjahr Friedrich Wilhelms II.
Harmonie als Einheit des Mannigfaltigen im Ausgleich der Gegensätze – diese klassische Maxime der Komposition ist nicht nur in der plastischen und graphischen Behandlung der Binnenformen überzeugend verwirklicht. Das unterschiedliche Temperament der Mädchen wird auch im Umriss der Gruppe sichtbar, der die Gestalten zur großen Form zusammenfasst. Sicherheit und Festigkeit gewinnt das Standbild durch seine geschlossene Masse, die zwischen den Figuren keine Durchbrechungen zeigt. Luises Außenkontur ist ruhig, der locker hängende Arm schließt an den Körper an. Lebhaft aber gerät die Silhouette der Schwester. Weit stößt der abgewinkelte Arm über die Begrenzung der Plinthe hinaus in den Raum vor und weit dringt dieser am Gürtel in die Masse des Steines ein. Schadows nüchterner Blick bewahrt ihn vor jeglichem Pathos. Empfänglich für natürliche Anmut und Grazie weiß er die Temperamente treffend zu schildern. Doch geht sein Blick tiefer – auf den Charakter der Mädchen und ihre Tugend. Und dies ist mehr als nur das ererbte Naturell, ist das durch Erziehung, durch Einsicht und Willen geformte Wesen der Person. So gibt es Momente im Ausdruck der Mädchen, die ihrem Temperament entgegenwirken. Die lebhafte Friederike hält sich bescheiden zurück, ihr Blick ist gesenkt, sie birgt die rechte Schulter hinter dem Rücken der Schwester. Die Kronprinzessin, von eher zurückhaltender Natur, kommt dadurch stärker nach vorn, tritt heraus aus ihrer Verschlossenheit, wagt offen den freien Blick und stellt sich gelassen und sicher den neuen Pflichten als künftige Königin des Landes. Autor: Kraft Geer |
Die Beschreibung
sollte in sachlicher Form (3. Person) Aussagen liefern zu folgenden Punkten:
Brunnen: Bauplastik; Objekt, Environment, Installation Bei Personen: Figur, Kleidung, Ausstattung, Frisur, Haltung, Gestik – Mimik; Handlung Bei Dingen: Wie beschaffen, in welchem Zustand? |
Im Gegensatz zur Beschreibung ist die
Analyse zergliedernd und hat Einzelaspekte im Auge. Sie ist wie die Beschreibung
deskriptiv, sachlich und vermeidet Ausdeutungen, Bewertungen.
Der Text wird in der 3. Person verfasst und benützt viele Adjektive. Analysieren heißt den Dingen auf den Grund gehen, sie auseinanderhalten und einzeln betrachten. |
An der figürlichen Plastik lässt sich die Haltung der Figuren untersuchen, zum Beispiel, indem man versucht, die Plastik nachzustellen, indem man eine Rekonstruktion an einem Drahtmodell vornimmt, indem man die Figur auf ihr Achsensystem zeichnerisch zurückführt. Wie man im Vergleich leicht feststellen kann, gelingt dies jeweils mehr oder weniger. Das aber ist genau der Punkt an dem im Unterricht die Diskussion einsetzt, Korrekturen vorgeschlagen werden, oder auch eine Erkenntnis erfolgen kann, dass die Haltung Schmerzen verursacht, künstlerisch optimiert wurde, unnatürlich, lässig, gestelzt, oder irgendwie anders bezeichnet werden kann. In einer Montage kann man versuchen, ob sich fotografische Rekonstruktion und Abbildung des Originals zur Deckung bringen lassen. |
Das Studium der
Haltung sollte Aussagen liefern können zu folgenden Punkten:
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Wenn man nur frontale Abbildungen vorlegen
kann lässt sich der Block, den der Bildhauer benötigt hat, zunächst
nur in der Höhen- und Breitenausdehnung untersuchen. Immerhin gibt
das hier Aufschluss darüber, dass der in der Plinthe noch angedeutete
Block doppelt so hoch wie breit gewesen sein muß und dass der linke
Arm von Friederike über die Plinthe seitlich hinausragt. Der geschlossene
Umriss und der proportionale Aufbau der Gruppe in der Frontansicht liefert
ein klares geometrisches Verhältnis. Über die Rekonstruktionen
am Modell oder in der Fotografie lassen sich Spekulationen anstellen, wie
andere Ansichten aussehen würden. Das fordert das zeichnerische Vermögen
der meisten Schüler bereits gewaltig heraus.
"Das unterschiedliche Temperament der Mädchen wird auch im Umriss der Gruppe sichtbar".... Dieser Satz aus der Interpretation von Krafft Gehr (oben) wird durch die Silhouette beweisfähig untermauert. Darüber hinaus fällt bei Betrachtung der Körperachsen auch die Parallelität im Stand und in den Schultern deutlich ins Auge, was sich als Gleichschritt und Zusammengehörigkeit beschreiben lässt. |
Das Studium des
Blocks, der Proportionen und der Kontur sollte Aussagen möglich machen
zu folgenden Punkten:
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Analyse - 3. Material, Oberfläche, Fassung, Bearbeitung
Wenn man den Schülern zur Betrachtung
nur eine fotografische Reproduktion vorlegen kann, ist diese in den meisten
Fällen auch noch schwarz-weiß, wodurch Rückschlüsse
auf das Material nicht leicht fallen. Plastik ist darüber hinaus in
Bezug auf die Vorstellung vom Originalen Werk ein etwas anders gelagerter
Fall als die Malerei. Was uns im Museum als plastisches Kunstwerk insbesondere
als Abguss geboten wird, hat in einigen Fällen die Hand des Künstlers
niemals gespürt, in vielen Fällen hat der Künstler nur die
Oberfläche des konkreten Objekts gefärbt. Der Gussplastik geht
stets eine modellierte Form voraus, die in Wachs, Ton oder Gips vom Künstler
aufgebaut wurde.
Wenn das Material einer Plastik zum Gegenstand einer Werkbetrachtung gemacht wird, könnte in vielen Fällen über diesen Prozess der Umformung nachgedacht werden. Sind Spuren des ursprünglichen Materials im Guss erhalten geblieben oder lässt die Oberfläche keinerlei Rückschlüsse zu über einen Prozess der Umformung. Mit ein wenig Glück kann man Schülern ein plastisches Werk in unterschiedlichen Materialzuständen als Abbildung vorlegen und daran unterschiedliche Wirkungsweisen beschreiben lassen oder über den Herstellungsprozess spekulieren lassen. |
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Wer Berlin besucht, kann Schadows Prinzessinnen
in zwei Versionen zu Gesicht oder vor die Linse bekommen. Die linke Version
steht in der Alten Nationalgalerie und ist aus Marmor, die rechte, aus
der Friedrichswerderschen Kirche, ist aus Gips und zeigt im Prozess der
Werkentstehung vermutlich ein früheres Stadium. Auch wenn wegen der
sehr unterschiedlichen Lichtverhältnisse in beiden Ausstellungsräumen
die Abbildungen qualitativ recht unterschiedlich ausfallen, so sagen sie
doch über Material und künstlerische Intentionen eine Menge aus.
Der Marmor wirkt wächsern und entrückt, ist in der Oberfläche nicht nur geglättet, sondern poliert wie ein lackiertes Möbelstück und lässt das Bedürfnis nach taktilen Reizen ins Leere laufen nach dem Motto: "Rühr mich nicht an, ich bin nur eine Erscheinung!". Haut, Haar und Stoff sind im Material nicht mehr unterschieden, den Augen fehlt der Blick. In die Vertiefungen der Haarlocken hat sich der Meissel des Bildhauers stärker hineingegraben, als das für das Abformen in Gips angebracht gewesen wäre. Schließlich sollen sich Negativform und Positivabformung leicht voneinander trennen lassen. Der Gips zeichnet klarere Linien, unterscheidet Haut, Stoff und Haar durch eine jeweils eigene Charakteristik, lässt hinter dem Blick Richtung und Absicht vermuten. Das sind plastische Qualitäten, über die zu sprechen lohnt und an denen sich auch sprachliches Ausdrucksvermögen schulen kann. |
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Spuren der Abformung wurden am Gipsmodell
offenbar geglättet, lediglich am Hals und an der rechten Hand der
Luise sind Nahtstellen wahrnehmbar, die vermutlich keine Operationsnarben
darstellen. Im Übrigen sieht die Oberfläche so aus, als hätte
der Gips einmal eine farbliche Fassung gehabt, die später abgewaschen
oder übermalt wurde. Am Kopftuch der Luise schimmern Reste blauer
Bemalung durch.
Zeichnerisch lässt sich als Charakteristik der Oberflächengestaltung herausarbeiten, wie der Bildhauer die Gewänder und ihre Falten nutzt, um die Körper unter der Oberfläche spürbar werden zu lassen, und wie er durch die langen Schwünge der Falten die Oberfläche der Plastik mit einem lebendigen Rhythmus überzieht. Wie durch den Unterschied in der Kontur gibt auch das Spiel der Gewandfalten seinen Trägerinnen jeweils einen unterschiedlichen Charakter. Luises Gewand fällt in der Frontansicht in langen Schwüngen knapp unterhalb der Brust zu Boden macht aber die Stellung der Beine gut sichtbar, weil sich der Rock über dem Schenkel des Spielbeins strafft. Friederikes Körper verbirgt sich stärker unter den runden und bewegteren Schwüngen des schürzenarigen Überwurfs. |
Das Studium des
Materials, der Oberfläche, der Fassung und die Suche nach Spuren der
Bearbeitung oder der Vergleich mit Vorarbeiten, Zeichnungen oder anderen
Fassungen könnte Aussagen möglich machen zu folgenden Punkten:
Wachs: transparent, atmend, lebendig, organisch |
Von der Bildgattung her handelt es sich
bei der untersuchten Plastik um ein Doppelportrait und Herrscherbildnis.
Dazu schreibt Dr. Barbara Stambolis von der Universität Siegen in
der unten angegebenen Quelle:
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Vater der beiden Prinzessinnen ist Erbprinz
Karl Ludwig Friedrich von Mecklenburg-Strelitz. Er war bis 1787 Gouverneur
in Hannover und diente in der englisch-hannoverschen Armee.
Luise Auguste Wilhelmine Amalie, geb. 10.3.1776 in Hannover ist zum Zeitpunkt der Entstehung der Plastik bereits auf Wunsch seines Vaters, König Friedrich Wilhelms II. von Preußen, verheiratet mit dem Kronprinzen Friedrich Wilhelm (III.). Nach dem Tod Friedrich Wilhelms II. 1797 rückt Friedrich Wilhelm III. nach und damit wird Luise Königin von Preussen. Der König wird geschildert als eine eher schwache Gestalt, die zunehmend in den Schatten der entschlosseneren und auch vor allem beim Militär beliebten und respektierten Königin gerät. Sie betreibt die Koaltion mit Russland England und Österreich gegen Frankreich, setzt dabei aber auf das politisch schwächere Pferd. Der Sieg Napoleons über Russland 1807 zieht für Preussen den Verlust der Großmachtstellung nach sich. In einem Treffen mit Napoleon 1807 in Tilsit erscheint sie ihrem Volk als tapfere Frau, die es auf sich nimmt dem mächtigen Franzosen zu trotzen. Auch wenn sie politisch nichts erreicht festigt sich damit ihr Image als mutige Patriotin. Luise bringt 10 Kinder zur Welt, von denen drei im Kindesalter sterben und stirbt selbst am 19. Juli 1810 im Alter von nur 34 Jahren Friederike,
zwei Jahre jünger als ihre Schwester, wurde 1778 geboren. 1793 die
Ehefrau von Prinz Louis, dem jüngeren Bruder Friedrich Wilhelms III.
Drei Jahre später starb dieser und machte sie im Alter von 19 Jahren
zur Witwe. Aus der unglücklich verlaufenen Ehe waren drei Kinder
hervorgegangen. In den folgenden Jahren hatte die lebenslustige junge Frau
mehrere Affären, darunter mit Louis Ferdinand, einem Onkel des Königs.
Aus einer dieser Beziehungen erwartete Friederike ein Kind, bevor sie mit
dem Gardeoffizier Friedrich von Solms-Braunfels ein Verhältnis einging.
Friedrich Wilhelm III. befahl die Hochzeit beider mit gleichzeitiger Verbannung
nach Ansbach unter Zurücklassung der überlebenden Kinder Friederikes
aus erster Ehe. Hier trennen sich die Lebenswege der beiden Schwestern
auch räumlich.
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Wenn man den Schülern entsprechendes Material zur Verfügung stellt, ist es durchaus denkbar, dass sie in den Entstehungsprozess eines Werks auch über die eigene Anschauung tieferen Einblick nehmen, wie schon die Gegenüberstellung von Gips- und Marmorfassung der Gruppe deutlich machen konnte. Das alte Nationalmuseum in Berlin bewahrt (in Gips) eine Vorstudie Schadows, eine Büste der Friederike auf, die sich zum Vergleich anbietet mit der Gipsfassung und der Marmorfassung der Gruppe. |
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Kraft Geer berichtet in seiner Interpretation
der Prinzessinnengruppe (Stuttgarter Mappen Bd 36 von 1988),
dass Schadow 1794 auf Vermittlung von Staats-Minister von Heinitz zunächst
zwei lebensgroße Portraitbüsten der Mädchen anfertigte.
Es gab also zunächst keinen königlichen Auftrag für den
Bildhauer. Offenbar konnte der Bildhauer durch seine Arbeit jedoch überzeugen
und den Mut fassen, das Konzept für eine Gruppe ins Auge zu fassen,
die er aus Gips in einem wiederum lebensgroßen Modell vorbereitete.
„Die Größere, die (spätere) Königin vorstellend, hielt in der rechten Hand einen Korb, der sich an die Hüfte lehnte; dieser Korb musste auf hohen Befehl wegbleiben, welches auch recht war, aber die Schwierigkeit war, den Arm womöglich in der selben Lage zu erhalten. Ich nahm ein schmales und längliches Stück Gewand, tauchte dieses, um das schnelle Binden zu verhindern, in einen mit dünnem Bier eingerührten Gips, warf dieses über die schon vorhandenen Falten, ließ es mit der rechten Hand halten und dann wieder frei niederfallen; die ganze Partie der vorherigen Falten schien unter diesem neuen Überzug durch und es entstand eine ähnliche Wirkung wie an einigen antiken Statuen, wo man durch die oberen Falten die unteren durchlaufen sieht.“ Wenn man an der Hand von Luise nach Spuren der Verändrung sucht, kann man in der Tat eine Naht etwa auf Höhe des Handgelenks erkennen, aus der man schließen könnte, dass auch die Hand selbst eine neue Geste bekommen musste um den veränderten Griff glaubhaft zu machen. Da sich das Tuch über den ganzen Rücken hinweg diagonal erstreckt, muss auch dieser Bereich durch die Maßnahme eine erhebliche Veränderung erfahren haben. Wie sah das wohl vorher aus? |
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Im September 1795 zeigt Schadow mit den
Büsten auch das Gipsmodell in der Kunstakademie. Die Werke ernten
großes Lob. Besonderen Beifall findet die Lebensnähe der Statuengruppe,
denn „man konnte täglich die Natur mit dem Bildwerke vergleichen.“
Der König, Friedrich Wilhelm II, bestellt eine Ausführung in
Marmor. Ganz offensichtlich war im Königshaus aber das Geld für
derartige Dinge nicht zu bekommen, aber mit Hilfe des Ministers entstand
die Idee, eine Marmorfassung dadurch zu finanzieren, dass die Gruppe in
einer verkleinerten Fassnung in unglasiertem „Biscuit-Porcellan“ als frei
verkauftes Kleinod auf den Markt kam, wo es heute noch vertrieben wird.
Über die Marmorgruppe berichtet Geer:
"Der Gehilfe Goussaut, „der durch seine große Praktik in Marmor sich auszeichnete und im Königl. Bildhauer Atelier lange als Muster in diesem Talente diente“, hatte davon das meiste aus dem Block zu schlagen und dabei auf eine genaue Übertragung aller Gewandpartien zu achten. Schadow konzentriert sich dagegen auf die Ausarbeitung der Köpfe." Das Schicksal des Kunstwerks, Schadows Prinzessinnengruppe, nimmt zunächst einen tragischen Lauf: Wegen seiner erotischen Ausstrahlung, wohl auch wegen des Lebenswandels der Prinzessin Friederike (Schwägerin Friedrich Wilhelms III.), verbannte dieser das Kunstwerk aus seinem Gesichtskreis, so daß es erst vor 100 Jahren der Öffentlichkeit bekannt wurde. Darüber war nicht mehr in Erfahrung zu bringen. |
Das Studium der
Biografien der dargestellten Personen, die Recherchezur Entstehungs- und
Wirkungsgeschichte könnte Aussagen möglich machen zu folgenden
Punkten:
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Stuttgarter Mappen Bd. 36
von 1988, Neckar-Verlag Stuttgart
Biografie Schadow: mehr Schadow Bilder von Luise: Biografie von Luise Königin Luise und ihre Maler http://rubens.anu.edu.au/raider5/germany/berlin/museums/schinkel_museum/schadow_jg/index.html Seite der Universität Siegen PD Dr. Barbara Stambolis über
Herrscherbilder des Absolutismus
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