Auflösung Bilder
auf den Punkt gebracht
Ein historischer Abriß zum Problem der Auflösung von Uli Schuster |
Der Begriff Auflösung steht politisch für Unregierbarkeit und Chaos. In der Chemie steht er für ein Verfahren Feststoffe zu verflüssigen, um ihre Reaktionsmöglichkeiten zu testen, ihnen Eigenschaften zu entlocken, die sie für sich und im verfestigten Zustand nicht zeigen können. Bei einem Rätsel oder Kriminalfall bezeichnet Auflösung den Punkt, an dem Gewissheit über ein Problem, einen Tathergang hergestellt ist. Für moderne Bildtechnik und Bildverständnis ist Auflösung ein zentraler Begriff geworden. Er deckt sich nicht mit dem Begriff Abstraktion, den wir Kunsterzieher häufig gebrauchen, aber er beschreibt eine Reihe von Abstraktionsleistungen im Zusammenhang mit Bildern sehr präzise. Anders als "Abstraktion", womit in der Hauptsache eine geistige Leistung verbunden wird, enthält der Begriff Auflösung einen Handlungsaspekt und damit auch die Fähigkeit, ein methodisches Vorgehen materiell zu beschreiben. Auflösung ist ein Gradmesser für die Informationsdichte z. B. in einem Bild. Hoch aufgelöste Bilder liefern uns eine Fülle an Informationen, möglicherweise mehr als wir brauchen, z. B. speichern können. Insofern kann "Auflösung" zu einem Gradmesser werden für einen rationalen Umgang mit Information. |
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![]() Der Kunsterzieher wünscht nun den Schülern einen Eindruck von der Größe des Originals zu geben und möchte das Dia durch einen Fotografen auf das Format der Originalwand vergrößern lassen. Der Fotograf rät ab und will den Auftrag nicht annehmen. Was dabei deutlich zum Vorschein käme, sagt er, sind die schwachen Auflösungseigenschaften des Films: Die Körnung des Films, die Unschärfe der Aufnahme, die Oberflächeneigenschaften des Fotopapiers werden wahrnehmbar. Auflösung würde zu einem ästhetischen Phänomen und Störfaktor, für den er nicht verantwortlich sein will. |
Weniger ist oft mehr |
![]() ![]() Beispiel: "Bar aux Folies-Bergère" (Manet) |
Das am häufigsten eingesetzte Medium
zur bildlichen Reproduktion war bis in unsere jüngste Vergangenheit
die Fotografie. Das Auflösungsvermögen der Fotografie
wird beschrieben als Empfindlichkeit des filmischen Materials.
Heute geht die Bedeutung des Films als Träger oder Speichermaterial
zurück. An seine Stelle tritt der Bildchip in einer Kamera, die digitale
Speicherung auf Diskette oder Festplatte und die Ausgabe über das
Medium Bildschirm oder über einen Druckkopf - was immer das ist -
auf Papier. Überall dort, wo das Bild digital erfasst wird, also in
einen Code aus Nullen und Einsen überführt wird, beschreiben
diese letztlich Eigenschaften eines Bildelements = PIXELS.
Und das Pixel ist schließlich auch das letzte wahrnehmbare Elementarteilchen
des digital erzeugten Bildes. Zu den Auflösungseigenschaften des digitalen
Bilds zählt nicht nur die Anzahl der Pixel, in die es flächig
aufgelöst wird (Bildgröße), sondern auch die Auflösungstiefe
(in Bit), also die Anzahl der Merkmale, die jedem Pixel zugeordnet werden
(Helligkeit, Farbwert, Farbton, Sättigung).
Für das Bildraster existiert heute eine ganze Bandbreite von Lösungen, solche, die mit hoher Auflösung jenseits der Schwelle unserer visuellen Wahrnehmung ihre Existenz verschleiern, aber auch solche, die sich unserer Wahrnehmung sichtlich stellen, weil sie nur gering auflösen. Im folgenden sollen zentrale Begriffe und historische Zusammenhänge im Kontext Bildauflösung thematisiert werden bevor am Ende wieder die Fotografie und das fotografische Raster sowie der Bildschirm und das Pixel betrachtet werden sollen: |
![]() Abbildung 1 zeigt einen Ausschnitt aus einem Relief um 2100 vor Christus (Kairo) und gilt als das älteste Beispiel für im Quadratnetz entworfene Figuren. Während der Körper in ein grobes Raster eingepaßt ist, hat der Vorzeichner für den Kopf in vertikaler Richtung eine höhere Auflösung gewählt. Das Raster dient hier offenbar zwei Zwecken. Der richtigen Platzierung der Figur auf dem Grund und der proportionalen Gliederung der Figur. Die Suche nach ästhetischen Elementarerfahrungen, die zum Bildraster führen, lässt an ein Geflecht und ein Gewebe denken. Als gedankliches Muster steckt im Vorgang des Webens, Knüpfens, Knotens, Strickens die Möglichkeit geometrische Muster bis hin zu abbildhaften Darstellungen aus einem System von vertikal und horizontal gespannten Fäden, zeilenweise aneinandergereihten Maschen aufzubauen. Die Natur selbst kennt das Prinzip bildhafte Superstrukturen aus gleichförmigen Elementarteilchen zusammenzusetzen, z. B. bei der Haut von Fischen (Schuppen) und Schlangen oder auch beim Schmetterlingsflügel.
![]() Während in der Malerei das Bildraster zu einer Technik wird, die ästhetisch im Hintergrund bleibt, ist es beim Mosaik durch die Gleichförmigkeit der Mosaiksteinchen auch wahrnehmbar als Bildgefüge eingesetzt. Anders als beim Weben verliert sich dabei jedoch der Zwang zum Einhalten einer Systematik aus horizontalen und vertikalen Richtungen. Beim Mosaik kann die entstehende Lineatur der Fugen ähnlich wie bei einer Schraffur formbeschreibende, modellierende Funktion erhalten. Abb. 3 zeigt die Hausherrin aus der Villa Erculia, Piazza Armerina. Wo es dem Mosaikmaler möglich ist, folgt er beim Legen der Steine der plasischen Körperform. Beim plastisch neutralen Hintergrund hält er sich mit horizontalen Zeilen an eine neutrale Richtung. Ab der Renaissance verliert sich der Zusammenhang von Bild und Schrift zumindest in der Malerei weitgehend. Doch bleibt das Bildraster als methodische Grundlage der Reproduktion, vor allem der Vergrößerung oder Verkleinerung im Gebrauch, gewinnt aber als unsichtbar im Hintergrund wirkendes kompositorisches Gerüst für die Bildgliederung noch an Bedeutung. Sogar im Bereich der plastischen Reproduktion - wo man es vielleicht am wenigsten vermuten möchte - ist es wirksam in der Apparatur der Exempeda, einer Projektions- und Reproduktionsmechanik für plastische Objekte. Im Grunde zeigt sich hier auch eine geistige Verwandtschaft zwischen Webstuhl und jeglicher Art geometrischer oder optischer Projektion. Für die Reproduktion von Bildern im Druck und auf dem Bildschirm erhält das Raster in diesem Jahrhundert eine grundlegende Rolle und ist schlicht gesagt aus der medialen Darstellung von Bildern nicht mehr wegzudenken. Der Filmstreifen unterliegt dem System ebenso wie der Bildschirm. ![]() |
![]() Bei der Schrift besitzen die Zeilen ursprünglich sehr verschiedene Bedeutung. Das lernt man heute noch beim Zeichnen der ersten Buchstaben: Es gibt Zeilen, auf denen der Buchstabe steht und solche, die ihn nach oben begrenzen. Für halbhohe und überlange Buchstaben kann man ebenso wie für besondere Unterlängen eigene Zeilen angeben. ![]() Gegenüber dem Zeilensystem der Schrift erscheint das Quadratnetz als eine "späte" Entwicklung, isoliert es in seiner ausgereiften Form doch die Funktion der Gliederung und Flächenteilung von jeder besonderen Bedeutung und jedem Inhalt. Es entsteht in Ägypten mit dem Beginn des Mittleren Reichs (um 2100 vor Chr.). Das Quadratnetz überzieht eine Bildfläche mit einem gleichmäßigen Linienraster ohne Rücksicht darauf, was in dem Bild dargestellt und wo es platziert ist . Es eignet sich deshalb als allgemeines Verfahren zum Übertragen, Kopieren, Vergrößern und Verkleinern, strukturieren jeglichen Bildinhalts. Einziges Kriterium für die Eignung eines Rasters zu diesen Zwecken ist seine Dichte. Will man kleine Formen übertragen, benötigt man ein enges Netz, bei größeren Formen genügen weitere Maschen. ![]() Überall, wo in der Schule auf größere Flächen, Wände gemalt wird, ist zu überlegen, ob man das spontan machen soll oder ob man nicht besser methodisch gezielt vorgehen will. Ein kleiner Entwurf muss vergrößert werden. Ein Quadratraster leistet hier beste Dienste, um die Vorzeichnung auf die Wand zu vergrößern. Das Quadratnetz ist dazu das in der Malerei übliche Arbeitsmittel. Übrigens bedienen sich auch manche Sprayer eines Quadratnetzes, um ihre Entwürfe auf der Wand vergrößert zu realisieren. Das Raster ermöglicht die proportionale Übertragung, aber es kann auch gezielt für Verzerrungen eingesetzt werden. Auch wenn die Vergrößerung mit Hilfe eines Projektors einfacher und schneller sein mag, wird der Lehrer vielleicht gute Gründe dafür finden mit einem Quadratnetz zu arbeiten. Die Renaissance kennt neben dem Raster als Gliederungsprinzip auch das Tagewerk, in dem die Bildfläche nach Gesichtspunkten der täglichen Arbeitsleistung zerlegt wird. Dieses Prinzip ließe sich übertragen auf Kompetenzbereiche bei der arbeitsteiligen Gestaltung einer größeren Wandfläche durch eine Schulklasse. Allerdings werden dann auch die unterschiedlichen Handschriften der Schüler deutlicher.
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Bedeutung
Das Kunstwort Pixel wird in der Regel erklärt aus der Abkürzung für "picture element" . Bilder lassen sich auf die verschiedensten Weisen in Bildelemente zerlegen: Farbe, Beleuchtung, Form, Raumaufbau, Flächengliederung, Bewegungsrichtungen... könnte man aus dem Zusammenspiel im Bild isolieren und zu Bildelementen erklären. So haben die Kupferstecher bei der Reproduktion von Gemälden auf die Wiedergabe von Farbe verzichten müssen, haben die Bildkünstler seit der Renaissance die Nachzeichnung, wie übrigens auch die "Naturstudie", stets in einem reduktionistischen Sinn als eine Aufgabe aufgefasst, die verschiedensten Aspekte, Elemente eines Bildganzen zu isolieren. Und die Künstler, Maler, Bildhauer, Zeichner, Grafiker haben im Verlauf von Jahrhunderten Zeichenmaterialien und Zeichentechniken entwickelt, mit deren Hilfe sich ganz bestimmte Objekteigenschaften mit Hilfe von Bildelementen verdeutlichen, ja isolieren ließen. So gibt es Lineaturen, die vorwiegend formbeschreibend sind (Konturen) und solche, die plastische Werte (Volumina) oder auch taktile Werte (Texturen) wiedergeben können.
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Gegenüber der
Malerei hat die Druckgrafik den Vorteil des seriellen Bildes. Von jedem
Druckstock läßt sich eine Auflage qualitativ gleichwertiger,
gleichförmiger Bilder herstellen. Bereits in der Renaissance wurden
deshalb die druckgrafischen Techniken zur Reproduktion von Malerei eingesetzt.
Raffael ließ zahlreiche seiner Fresken durch Marcanton Raimondi reproduzieren.
In den Niederlanden kam der Reproduktionsstich im 16./17. Jh über
große Verlage zu einer wirtschaftlichen Blüte. Die Reproduktionsfähigkeit
der Grafik wächst mit der Fähigkeit zur vorlagengetreuen Wiedergabe.
Die Grenzen liegen zunächst einmal im Bildformat, dann in der
Farbe
und schließlich in der Wiedergabe von Form und
Helldunkel
. Für lange Zeit war druckgrafische Reproduktion beschränkt auf
die beiden letztgenannten Bildeigenschaften, Form und Helldunkel.
Die Abb. oben zeigt eine Madonna in einem
Ausschnitt aus Dürers Holzschnitt "Christus am Kreuz" von 1493.
Dürer beschränkt sich zu dieser Zeit auf formgebende Umrisse
und parallele Schraffuren, die er in Dichte, Strichlänge und Richtung
stark variiert. Er vermeidet in der Schraffur sich kreuzende Linien. Bei
einer Höhe von 22 cm ist der gesamte Druck etwas kleiner als DIN A4.
Im Vergleich dazu ein Ausschnitt aus der "Auferstehung" von 1511
(große Passion). Mit 39 cm Höhe erreicht das Format fast DIN
A3. Der Variantenreichtum im Lineament hat erheblich zugenommen. Für
mich am verblüffendsten sind die Stellen höchster Dichte, wo
sich wie bei der Federzeichnung die Schraffuren in mehreren Lagen überkreuzen.
Um diesen Eindruck zu erzeugen muß der Holzschneider die winzigen
weißen Zwischenräume mit geradezu unheimlicher Präzision
aus der Druckplatte schneiden. Auf solche Ideen konnte man nur kommen,
weil man den Differenzierungsgrad = die Auflösung einer Federzeichnung
auch im Druck nicht vermissen wollte. Für verschiedene Bildgegenstände,
Oberflächen entwickelt Dürer eine jeweils eigene Lineatur und
vermittelt somit den Eindruck äußerst differenzierter Materialbeschreibung.
Von der ästhetischen Wirkung einer Malerei bleibt der Holzschnitt
dennoch weit entfernt.
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![]() Das druckgrafische Halbtonbild radikalisiert eine Problemstellung, die schon beim Zeichnen auftritt. Wie erzeugt man mit einem einfarbigen Stift unterschiedliche Töne. Zwei Lösungen bietet die Zeichnung, den differenzierten Druck, den der Zeichner beim Abreiben seines Stiftes auf den Zeichengrund ausübt und die Liniendichte , mit der er seine Spur auf dem Zeichengrund versieht. Der differenzierte Druck wirkt sich vor allem bei weichen Zeichenmitteln deutlich sichtbar aus in der Linienbreite und in der Menge und Deckkraft des Abriebs. Der maschinelle Druck einer Druckerpresse verteilt sich gleichmäßig über den ganzen Druckstock, also scheidet dieses Instrument schon einmal weitgehend aus. Bleibt die Liniendichte als Mittel zur Erzeugung von Halbtönen übrig. Dabei hat der Linienabstand und die Feinheit der Linie z. B. im Holzschnitt eine deutliche Grenze im Material selbst. Das war letztlich wohl auch der Grund, warum die Drucker auf das härtere Metall umstiegen.
Solche Übungen wird in der Schule heute niemand anstreben. Der Holzschnitt scheidet als Druckverfahren nahezu aus und Linoleum lässt eine feine Lineatur nicht zu. Der Linolschnitt wird fachlich in der Hauptsache als flächiges Gegenstück zur linearen Radierung gesehen. In welchem Medium soll man dann überhaupt die Erfahrung einer gezielten Erzeugung von Halbtönen machen lassen? Schraffurübungen kommen im gymnasialen Kunstunterricht schnell an eine Lustschwelle der Schüler. Gelegentlich gibt es einzelne Schüler, manchmal Klassen, die bis zu dem Punkt vordringen, wo die Sache beginnt Spaß zu machen, wo die feine Dosierung, die Musterbildung und das meditative Moment der endlosen Wiederholung und nuancierten Modifikation des Linierens Lustgewinn bereiten. |
![]() ![]() Die Abbildung rechts zeigt ein Schabkunstblatt von J. R. Smith nach G. Romney von 1781, "Mrs. Robinson". Die Abbildung links zeigt eine Aquatinta Radierung von Goya "Hasta la muerte" . 1768 erfindet Joh. Bapt. Le Prince die Aquatinta, als ein Verfahren, um in der Technik der Ätzradierung mit Tonflächen Helligkeiten zu unterscheiden. Noch ist damit kein weicher, stufenloser Tonverlauf darzustellen. Aber das 'Korn' der Aquatinta, das durch Aufschmelzen von Harzstaub auf Metall und Ätzung erzeugt wird, kommt dem späteren Rasterpunkt schon sehr nahe. Der spanische Hofmaler Goya macht sich die neue Erfindung zunutze. Durch unterschiedliche Ätzzeiten erzeugt Goya meist drei Tonstufen. In Gegenüberstellung links das Korn der Aquatinta. Kolophonium oder Asphalt wird fein pulverisiert auf das Metall aufgestäubt und durch Erhitzen des Blechs angeschmolzen. ![]() Auch innerhalb der Lithografie wächst im 19. Jh. schnell das Bedürfnis nach einer Auflösung von Tonflächen in Punkte. Die 'Tangiertechnik' hängt zusammen mit dem bei der Lithografie häufig verwendeten 'Umdruck' und bestand darin, daß Folien mit aufgeprägten Punkten (Tangierfelle) durch Abreiben des Punktmusters auf den Lithostein verschiedene Strukturierungen und variable Punktdichten ermöglichten. Im Prinzip hat sich dieses Verfahren bei den heutigen Abreibeschriften und -Folien erhalten. |
Geschichte
![]() (H.J. Wolf "Geschichte der graphischen Verfahren" Dornstadt, 1990). Lichtdruck (Josef Albert 1868), Heliogravüre (Karel Kli´c 1879 und Autotypie (Georg Meisenbach 1882) sind die bekanntesten Stufen dieser Entwicklung. |
Die Abb. zeigt Georg Meisenbach, den Erfinder der Autotypie, in einer Autotypie. Zur Veranschaulichung des Rasters habe ich sein Auge vergrößert. Meisenbach verwendete ein Linienraster, das er nach halber Belichtungszeit um 90° drehte. Damit entstanden die Punkte unterschiedlicher Größe, die im Druck wie ein Halbtonbild wirken. Für die Autotypie muß also erst einmal ein fotografisches Halbtonbild vorhanden sein. Vom Foto wird ein gerasterter Film (Repro) hergestellt und davon wird ein Druckklischee geätzt. In jeder Stufe ist wieder die Fotografie beteiligt bei der Übertragung der jeweiligen Vorlage auf Film oder die metallische Druckplatte. |
Anwendung
Das Verfahren der Rasterung basiert darauf, daß eine Vorlage mit Hilfe eines Reprorasters (Glasscheibe mit eingraviertem Linienraster) beim Erstellen des Repronegativs in quadratische Flächen aufgeteilt wird, die durch helle Linien voneinander separiert sind. Das einzelne, belichtete Bildelement ist also eine schwarze, punktförmige Fläche, von hellen Linien umgrenzt. Auf dem Weg des von der Vorlage reflektierten Lichts durch ein quadratisches Rasterfeld auf einen Film mit reduzierter Empfindlichkeit werden die verschiedenen Lichtintensitäten umgewandelt in Punkte unterschiedlicher Größe. Das so entstandene, gerasterte Negativ wird wiederum auf eine mit fotografischer Schicht versehene Metallplatte belichtet und geätzt. Ein schwarzer oder farbiger Punkt von bestimmter Größe wird im Druck zusammen mit dem weißen Zwischenraum der Punkte auf der Papieroberfläche im Auge als Helligkeitswert wahrgenommen. Der Verlauf von Dunkel nach Hell sieht vergrößert so aus: ![]() Ein Raster, das sich für eine hochwertige Reproduktion eignet, ein '60er Raster' enthält auf einem cm 260 gedeckte und 60 ungedeckte gleich breite Linien und weist damit auf dieser kleinen Fläche 3600 kleine Rasterfensterchen auf, die nur noch mit einer starken Lupe (Fadenzähler) als Punkte zu erkennen sind.
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![]() Das Verfahren der Rasterung basiert darauf, dass das Negativ beim Vergrößern im Durchgang durch ein Reproraster (Glasscheibe mit eingraviertem oder Folie mit aufgedrucktem Linienraster) in quadratische Flächen aufgeteilt wird, die durch helle Linien voneinander separiert sind. Das einzelne, belichtete Bildelement ist also zunächst eine quadratische Tonfläche, von hellen Linien umgrenzt. Durch reduzierte Empfindlichkeit des Aufnahmematerials werden die Rasterfelder umgewandelt in Punkte unterschiedlicher Größe. Warum braucht man die Rasterfotografie, wo doch die Fotografie beliebig viele Grautöne erzeugen kann? Das Raster löst keine fotografischen Probleme, sondern Probleme des Drucks. Das Raster ermöglicht ein scheinbares Spektrum an Tonstufen, erzeugt mit nur einer Druckfarbe, in nur einem Druckgang. Das Rasterfoto ist ganz offensichtlich noch nicht reduziert auf Schwarz und Weiß. Einige der dunklen Punkte wirken Grau und auch einige der hellen Punkte haben einen grauen Schleier. Als Druckvorlage müsste das Foto noch im Kontrast verstärkt werden. |
Der Begriff Digitalisierung gilt uns heute
als Schlusspunkt in der Entwicklung zur Vermessung der Welt
. Dabei greift er in der Wortwahl auf die kleinste Einheit des römischen
Proportionssystems zurück: die Fingerbreite. Was den Griechen ihr
dactylos
war, hieß bei den Römern digitus, ein Maß von ca 2
cm Länge. Begrifflich haben wir uns allerdings weit entfernt von
einem Abzählen mit den Fingern oder einer Maßeinheit Fingerbreite.
Digital vermessen heißt eine Sache beschreiben mit Hilfe der beiden
Zustände elektrischer Ladung: Strom fließt oder nicht, ja oder
nein, 1 oder 0. Das ist eine besondere Art des Vermessens, weil sie nicht
auf der Teilbarkeit des Maßes beruht. Bei einem Meter ist auch ein
halber Meter vorstellbar, bei der Digitalisierung gibt es neben 1 und 0
kein 0,5. Die Parameter der Auflösung sind vor den Maßstab gestellt.
Bei jeder Messung muss also erst einmal festgelegt werden, welche Maßeinheit
durch die Zustände 1 und 0 ausgesagt werden soll. Dann wird das Objekt
danach beschrieben, wie oft und in welcher Reihenfolge die Zustände
1 und 0 vorkommen.
Jedes Pixel muß zunächst bezüglich
seiner Lage im Bild eindeutig zugeordnet werden. Diese Seite, beispielsweise,
wurde für eine Bildschirmauflösung von 800 x 600 Pixel konzipiert.
Bei richtiger Einstellung Ihres Monitors stehen demnach 480000 Bildpunkte
zur Verfügung. Während sich Tabellen und Schrift auch an andere
Bildschirmauflösungen anpassen, sind die Bilder auf eine Größe
festgelegt, meist auf eine Breite zwischen 200 und 300 Pixel bei einer
Auflösung von 72 ppi (pixels per inch = Punkte pro Zoll). Das entspricht
etwa 28 Pixel pro Zentimeter; da ist der einzelne Bildpunkt vom Auge kaum
mehr wahrnehmbar, auflösbar. Bis dahin ist Auflösung eine
Messangabe für die Größe der Bildfläche und ihrer
Elementarflächen.
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![]() ![]() ![]() Ein tiefergehendes Interesse am Raster als einem Wahrnehmungsphänomen entdeckte der Fotorealismus und ganz besonders der Amerikaner Chuck Close. Die hier gezeigte Portraitstudie verwendet den Fingerabdruck als Rasterpunkt. Die Helldunkel-Wirkung tritt aus verschiedenen Gründen ein. Einmal sind die Punkte nicht gleich groß, zum anderen sind sie von unterschiedlicher Schwärzung, allem Anschein nach mehrfach übereinander gedruckt. Das erscheint mir als ein Spiel, das auch Schüler einer Oberstufe zum Nachvollzug am eigenen Portrait reizen könnte. Insbesondere in seinen Zeichnungen, von denen man hierzulande noch wenig gesehen hat, exerziert Close sein Thema in schier endlosen Varianten durch. |
Literatur:
"Vom Holzschnitt zum Internet" Katalog einer Ausstellung im Kunstmuseum Heidenheim 1997 "Geschichte der graphischen Verfahren" von H.J. Wolf, Dornstadt, 1990 "Der Kanon in der ägyptischen Kunst" von H.W. Müller, in: "Der vermessene Mensch", München 1973 |